Im Streit um Abschiebungen krimineller Asylbewerber nach Syrien und Afghanistan mischt jetzt auch Peter Müller mit. Wir erinnern uns: Jurist und CDU-Politiker Müller eroberte 1999 die saarländische Staatskanzlei und amtierte – zweimal wiedergewählt – als Ministerpräsident seines Bundeslandes. Begleitet von Zweifeln an seiner Qualifikation, wechselte er 2011 als Richter in den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts, dem er bis Dezember 2023 angehörte.
Markante Fußstapfen hinterließ Müller in Karlsruhe nicht. Das will er im 300 Kilometer entfernten München als Gastkolumnist der linksliberalen Süddeutschen Zeitung ändern. Am 22. Juni 2024 erschien sein Artikel „Menschenwürde“, der die Macher und Stammleser des Blattes begeistert haben dürfte.
Erstaunlich rasch im Jargon und Kulturkampf der Münchner „Alpen-Prawda“ angekommen, reibt sich Peter Müller an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dessen Forderung, syrische und afghanische Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder in die Heimat abzuschieben, weil das Sicherheitsinteresse Deutschlands schwerer wiege als das Schutzinteresse der Täter, trage „einer verbreiteten emotionalen Befindlichkeit Rechnung“. Müller fabriziert neulinke Wortkaskaden: „Letztlich ist das Wasser auf die Mühlen der Populisten, Fremdenfeinde und Rechtsstaatsverächter.“
Müller läßt Leser im falschen Glauben zurück
Nur kurz streift er das Ausweisungs- und Zurückweisungsverbot des Artikel 33 Absatz 1 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Zwar dient dieses Verbot dem Schutz von Leben und Freiheit politisch Verfolgter, die sachdienlichen Einschränkungen des Artikel 33 Absatz 2 GFK passen aber nicht ins Weltbild deutscher Asyllobbyisten: „Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwer wiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.“
Um so erfreuter zitiert Müller aus einer völkerrechtlichen Kodifikation, deren Wortlaut nicht die Einschränkungen der GFK umfaßt: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden“, Artikel 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Ergänzend hebt er hervor, daß diese Norm nicht nur im Aufenthaltsland eines Asylmigranten gelte, sondern auch Abschiebungen in Länder verbiete, in denen dem Migranten entwürdigende Behandlungen oder Strafen drohen.
Müllers Schilderung bleibt an der Oberfläche und läßt den Leser im Glauben, Artikel 3 EMRK enthalte ein absolutes Abschiebeverbot in aggressive, menschenverachtende Diktaturen. Man erfährt nicht einmal, daß Experten des humanitären Völkerrechts und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Artikel 3 EMRK differenzierend auslegen. Beispielsweise vertreten sie die Meinung, die Zulässigkeit einer Abschiebung hänge auch von den jeweiligen Asyl- und Fluchtgründen ab. Des weiteren wird geprüft, ob es in totalitären Systemen „regionale Inseln relativer Humanität“ gebe, in die ohne Gefahr für Leib und Leben abgeschoben werden könne. Schließlich solle der aktuelle Aufenthaltsstaat prüfen, ob in Verhandlungen mit diktatorischen Regimen sichergestellt werden könne, daß Menschenrechtsverletzungen nach erfolgter Abschiebung unterbleiben.
Abschiebungen lassen sich regeln
Vor allem aber ignoriert Müller den eklatanten Wertungswiderspruch zwischen Artikel 33 GFK und Artikel 3 EMRK − ein Widerspruch, der auf Regelungslücken hindeutet und nach Auflösung geradezu schreit. Anbieten würde sich etwa, das Ausweisungsverbot des Artikel 33 GFK als speziellere Norm (lex specialis) zu begreifen, deren kompletter Regelungsgehalt per analoger (sinngemäßer) Anwendung auch die Auslegung von Artikel 3 EMRK prägt. Fazit: Die Einschränkungen des Abschiebungsverbots aus Artikel 33 Absatz 2 GFK wären dann ebenso umfänglich im Rahmen des Artikel 3 EMRK zu prüfen. Afghanische Schwerverbrecher wie der Polizistenmörder von Mannheim dürften ohne Wenn und Aber nach Afghanistan abgeschoben werden.
Hinzu kommt, daß GFK und EMRK einem an Welt- und Kolonialkriegen sowie europäischen Totalitarismen verzweifelnden Zeitgeist entsprangen. Man wollte endlich eine politisch-moralische Kehrtwende einläuten und philanthropischem Völkerrecht den Weg ebnen. Diese Motivlage der Jahre 1945 ff. wird dank kulturfremder Massenmigration immer fragwürdiger. Europäische Zielländer, die neben der inneren Sicherheit und einer halbwegs effektiven Bildungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik wesentliche Elemente ihrer kulturellen Identität bewahren wollen, kommen an Steuerung und sehr deutlicher Begrenzung der Migration nicht länger vorbei.
Großzügige Auslegungen des internationalen Abschieberechts sind daher unverzichtbar. Kaum ein Deutscher versteht, daß konkrete Bedrohungen seiner Sicherheit unwichtiger sein sollen als abstrakte Gefahren, die fremden Schwerverbrechern im Herkunftsland drohen. Falls der EGMR das untersagt, sollte an den Stellschrauben der EMRK gedreht werden. Die Menschenrechtskonvention ist kein in Stein gemeißeltes Natur- oder Gottesrecht. Es besteht die realistische Chance, in Verhandlungen aller Vertragsstaaten (Europarat) Verbesserungen und Klarstellungen der Konvention durchzusetzen. Auch wenn Peter Müller, neues rechtspolitisches Flaggschiff der „Alpen-Prawda“, das nicht hören mag: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Asyllobbyisten verstecken sich hinter Grundgesetz
Letztes vermeintliches Ass in Müllers Ärmel ist Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG): „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Für das Bundesverfassungsgericht und die herrschende juristische Lehrmeinung steht fest, daß diese Norm Abschiebungen zwingend ausschließt, wenn dem Flüchtling im Herkunftsland Folter, Todesstrafe und sonstige „entwürdigende“ Behandlungen drohen.
Allerdings gilt auch hier das zu Artikel 3 EMRK Gesagte. Die bloße Behauptung deutscher Asyllobbyisten, in Syrien und Afghanistan würde unterschiedslos gefoltert und getötet, reicht nicht aus. Zunächst bleibt anhand belastbarer Daten festzustellen, welche Maßnahmen dort auf einen abgeschobenen Flüchtling warten und ob man diese gegebenenfalls durch Zusagen der jeweiligen Machthaber deutlich abschwächen oder verhindern kann.
Darüber hinaus fragt sich, was eigentlich zum Begriff der unantastbaren Menschenwürde gehört. Die Vorstellungen juristisch unverbildeter Menschen weisen in eine andere Richtung als die Begrifflichkeit des Verfassungsgerichts. Bereits in der Antike gingen die Meinungen auseinander. Für Cicero war „Dignitas“ keine unabänderliche feste Größe. Zu den Kriterien von Würde zählte er das moralische Verhalten einer Person. Auch die meisten Bürger dürften sich schwertun, Schwerstverbrechern wie Hitler, Stalin oder Mao unantastbare Menschenwürde zuzuschreiben.
Wessen Würde zählt mehr?
Wer „unantastbar“ mit „unveränderlich“ gleichsetzt, beruft sich meist auf Immanuel Kant: „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest“ (zweite Fassung/Formel des kategorischen Imperativs, 1785). Die konkreten Ableitungen aus dieser Formel sind aber umstritten. Kant selber war ein Befürworter der Todesstrafe und attestierte ihren Gegnern „affectirte Humanität“ und „teilnehmende Empfindelei“ (1797).
Es gibt noch ein weiteres Problem. Zwar enthält Artikel 1 Absatz 1 GG keine ausdrücklichen Einschränkungen der Menschenwürde. Offen bleibt aber die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn die Würde einer Person mit der Würde einer anderen kollidiert. Als der Würzburger Staatsrechtler Horst Dreier eine solche Pflichtenkollision behutsam ins Blickfeld rückte − es ging um den rechtsethischen Status der „Rettungsfolter“ –, brach er offenbar ein Tabu. 2008 scheiterte sein Wechsel ans Bundesverfassungsgericht, weil CDU/CSU diesen Richtervorschlag der SPD vehement ablehnten.
Zuvor hatte Heribert Prantl, als Redakteur jahrelanger Meinungsfürst der Süddeutschen Zeitung, ganze Arbeit geleistet: „Die Würde des Menschen wird antastbar. Über Richter Horst Dreier, der bald sehr mächtig werden könnte“ (SZ, 22.01.2008). Von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) als „dritter Senat des Bundesverfassungsgerichts“ gepriesen, gehört Prantl heute wie Peter Müller zu den Gastkolumnisten des linksmedialen Sturmgeschützes. Offenbar wächst zusammen, was längst zusammengehört.
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Quellenlink : Wo ein Wille, da ein Weg: Wo ein Wille, da ein Weg Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan sind möglich