Talkshow-Kritik: Talkshow-Kritik Einig nur im Niedergang: Merz und Habeck rechnen fest mit der „Deindustrialisierung“

Eigentlich gehört das Murmeltier längst ins deutsche Staatswappen. Huscht der Nager doch fast täglich auf allen Kanälen durch politische Diskussionen und Parlamentsdebatten wie auch jetzt wieder bei Maybrit Illner. Und man fragt sich, was die Deutschen eigentlich verbrochen haben, daß sie wie in der berühmten Filmkomödie („Und täglich grüßt das Murmeltier“) in einer Zeitschleife gefangen sind, und Tag für Tag immer wieder das Gleiche über sich ergehen lassen müssen.

Da sitzen sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B´90/Die Grünen) und der Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) unter dem Sendungstitel „Habeck gegen Merz – was braucht Deutschland jetzt?“ im ZDF gegenüber. Aber sind sie es wirklich? Ist es nicht in Wahrheit das Murmeltier im Doppelpack? Mit Merz- und Habeck-Maske? Bekanntermaßen ist das Murmeltier ein schlauer Geselle. Äußerst wandlungsfähig in seiner Gestalt und textsicher sowieso, schließlich muß es sich seit langem schon nichts Neues mehr merken.

Das Murmeltier wirkt müde

Was die beiden eine Stunde lang aufsagen, könnten sie jedenfalls nach der nächsten Bundestagswahl als Partner in Regierungsverantwortung wortgleich und in Dauerschleife wiederholen. Immerhin ist Schwarz-Grün nach derzeitigem Umfragestand die am wenigsten unwahrscheinliche Koalitionsvariante für 2025 folgende. Und die beiden üben bei Illner mit Fleiß ein, wie sie in trauter Fortsetzung der aktuellen Ampel-Koalitionsblockaden den perfekten Stillstand inszenieren könnten. Mit Phrasen, wie sie das Murmeltier-Ensemble derzeit zum Beispiel in der Verkleidung Hubertus Heil (SPD) und Christian Lindner (FDP) sowie diverser anderer Konstellation zum Besten gibt. In der Zeitschleife eben.

Der Themenkatalog ist bekannt: fatale Fehler bei der Abhängigkeit Deutschlands vom Russengas in der Vergangenheit, jahrzehntelange Fehlsteuerung in der Migrations- und Sozialpolitik und nun auch noch – längst absehbarer und folgerichtig – die wirtschaftliche Misere im Lande. Da hätte man schon erwarten können, daß die beiden sich in Manier bösartiger Nager ineinander verbeißen und am Ende nur noch ein Eimer kaltes Wasser hilft. Aber nichts da. Das Murmeltier bleibt erstaunlich gesittet, fährt sich kaum gegenseitig in die Parade, das eine läßt das andere ausreden, ja, es wirkt fast ein wenig ermüdet in der Wiederholung der immer gleichen Gegensätze.

Merz erkennt Migration als Problem

Und in einem Punkt stimmen sie sogar vorbehaltlos überein. „Der Befund der Wirtschaft und der Gewerkschaften lautet: Wir sind in der Gefahr zu deindustrialisieren,“ sagt die Moderatorin an einer Stelle. „Ja, und diese Einschätzung teile ich“, sagt die Merz-Maske. „Ich auch“, murmelt die andere von der Seite. „Die Zahlen zeigen das“ fügt die eine hinzu. Die andere nickt friedlich. Daß da etwas ganz gewaltig gegen die Wand fährt, ist ja sogar in der Ampel Konsens, obwohl diese Einigkeit unter den „demokratischen Parteien“ nicht wirklich beruhigen kann – aber trotzdem schön, daß wir mal drüber geredet haben.

Bei den Rezepten gegen die Krise freilich spielen beide fleißig Regierung und Opposition. Die einen wollen mit Milliardenschulden „erwünschte“ Industriebranchen „im Land halten“, so wie es 16 Jahre lang unter Unionsführung geschah. Die anderen plötzlich marktwirtschaftlich handeln, jedenfalls wird das so gesagt. Das Murmeltier kann eben auch Hütchenspiel – wie auch bei der Migrationskrise.

Merz entdeckt plötzlich, „daß der illegale Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland reduziert“ werden müsse.“ Man habe in diesem Jahr schon wieder 85.000 Grenzübertritte, „das ist einfach zu viel, die kommen auf die 2,2 Millionen, die wir zurzeit haben, in Deutschland noch oben drauf“ rechnet Merz vor. Die Kommunen seien völlig überfordert „und zwar ganz unabhängig davon, wer kommt“. Habeck fallen prompt aus dem Stand ein Dutzend Gründe ein, warum man daran nichts ändern könne. Auch hier: Wiedervorlage garantiert.

Habeck schiebt die Schuld auf die Union

Doch um Rezepte für die Zukunft geht es eher am Rande und vor allem erst gegen Ende. Den größten Raum nimmt die Arbeit an der Zeitschleife ein. Schließlich gehört es hierzulande zur guten Tradition potentieller Koalitionspartner, sich vor der Wahl für die nächste Legislaturperiode mit gegeneinander gerichteten Untersuchungsausschüssen und Verfassungsklagen so einzumauern, daß der Stillstand jeder nachfolgenden Koalition garantiert ist.

Nachdem die Union einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zu den Volten des Habeckministeriums in Sachen Automausstieg aufgleist, sind die Grünen nicht untätig geblieben. Die Marschrichtung lautet: „Nicht wir waren es, Putin und vor allem die große Koalition ist schuld.“ Als er Minister wurde, habe er gefragt, „wie lange halten wir durch, wenn es im Winter knackig kalt wird“, erinnert sich Habeck. Die Antwort sei gewesen: „14 Tage“, denn die Gasspeicher seien leer gewesen und zudem an die Russen verscherbelt worden.

Auch künftig grüßt das Murmeltier

Soweit zur Hinterlassenschaft der unionsgeführten Bundesregierung, die es gründlich aufzuarbeiten gelte, meint Habeck. Alle Beteiligten dürften mit Hochdruck daran arbeiten, entsprechende „Untersuchungen“ und wenn es irgendwie möglich erscheint, auch Verfassungsklagen bis weit über den Wahlkampf hinaus in die nächste Legislaturperiode zu ziehen.

Damit dürfte sichergestellt sein, daß gegebenenfalls auch eine schwarz-grün geführte Legislaturperiode bei Illner und anderswo mit dem gleichen Text, wenn auch mit zum Teil neu ausgegebenen Masken, weitergemurmelt wird. Bald könnte es von der Bundesflagge grüßen, das neue deutsche Wappentier.

Quellenlink : Talkshow-Kritik: Talkshow-Kritik Einig nur im Niedergang: Merz und Habeck rechnen fest mit der „Deindustrialisierung“