Streit über die Anhebung der US-SchuldenobergrenzeEiskaltes Kalkül

Der letzte große Streit um die US-Schuldenobergrenze fand 2011 statt. Damals lag das Limit bei 14,3 Billionen Dollar – nun soll die 31,4-Billionen-Grenze fallen. Unter Barack Obama wurden damals zehn Prozent der Bundesbeamten unbezahlt beurlaubt. Später wurden ihre Gehälter nachgezahlt, es war ein bezahlter Sonderurlaub. Der vorhergesagte Zusammenbruch der Wirtschaft blieb aber aus.

Im Gegenteil: Um überhaupt Empörung hervorzurufen, organisierte das Weiße Haus Chaos an den Sicherheitskontrollen der Flughäfen, die in den USA die gleiche Bedeutung für den Fernverkehr haben wie der ICE in Deutschland. Kurz nach Erhöhung der Schuldengrenze 2011 reduzierten die Ratingagenturen Egan-Jones und S&P ihre Einstufung des Kreditrisikos der USA zum ersten Mal seit 1860 von AAA auf AA+. In der Erklärung dazu erwähnt S&P ausdrücklich die Unfähigkeit der beiden großen US-Parteien, ihre Gegensätze zu überbrücken.

Republikaner wollen sparen, Demokraten Geld ausgeben

Auch diesmal beharren beide Seiten auf Extremen: Die Republikaner fordern Einsparungen, Joe Bidens Finanzministerin Janet Yellen will weiterhin ohne Einschränkungen Geld ausgeben. Eigentlich wurde die Schuldengrenze bereits im Januar erreicht. Seitdem gewinnt das Finanzministerium Zeit mit Buchhaltungstricks, die Manager in der Privatwirtschaft in den Knast bringen würden.

Yellens aktuelle Schätzung setzt den 1. Juni als Datum fest, an dem alle Tricks ausgereizt sein sollen, weil Steuerzahlungen in diesem Jahr niedriger ausgefallen sind als erwartet. Tatsächlich dürften die USA aber länger zahlungsfähig bleiben. Und im Extremfall bliebe unbezahlte Beurlaubung von Beamten als Notlösung. Die USA wären auch nicht völlig zahlungsfähig. Es müßten Prioritäten gesetzt werden, welche Zahlungen geleistet und welche verschoben werden.

Fällige Staatsanleihen könnten durch Neuemissionen refinanziert werden, denn das würde den Schuldenstand nicht erhöhen. Nur die Emission zusätzlicher Titel zur Finanzierung von Mehrausgaben wäre unmöglich. Alle Ausgaben müßten also durch Einnahmen gedeckt werden. Daß Yellen wirklich das Risiko eingehen würde, fällige Anleihen nicht zurückzuzahlen, ist unwahrscheinlich, aber eine wirkungsvolle Drohkulisse in Verhandlungen mit den widerspenstigen Republikanern.

Die Republikaner sitzen am längeren Hebel

Biden könnte auch auf einen umstrittenen „Verfassungstrick“ zurückgreifen: Der 14. Verfassungszusatz von 1866 sollte eigentlich die Südstaaten zur Begleichung der Bürgerkriegsschulden der Nordstaaten zwingen, könnte jetzt aber zur Aufnahme zusätzlicher Schulden „uminterpretiert“ werden. Sollte der US-Präsident diesen Weg beschreiten, dürfte aus dem Politzirkus um die Schuldengrenze eine ernste Verfassungskrise werden. Die Republikaner sitzen in den Verhandlungen am längeren Hebel, denn fünf Prozent Defizit in einem Wirtschaftsboom sind Zeichen mangelnder Ausgabendisziplin.

Zwei Jahre lang hielten die Demokraten Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus. Wenn sie es ernst meinen würden, wäre das der ideale Zeitpunkt gewesen, die Schuldenobergrenze abzuschaffen. Schon damals war abzusehen, daß Bidens Ausgabenprogramm die Grenze noch vor den Wahlen durchbrechen würde.

Doch das politische Theater ist eiskaltes Kalkül und erweist sich jetzt als politisch opportun: Meldungen zu kürzlich bekanntgewordenen Zahlungen rumänischer Briefkastenfirmen an Verwandte von Biden während dessen Vizepräsidentschaft gehen in der aktuellen Panikmache über einen US-Staatsbankrott unter.

JF 21/23

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