Sachsen: Sachsen Verfassungsschutz will Whistleblower zum Schweigen bringen

DRESDEN. Der sächsische Verfassungsschutz hat Strafanzeige gegen seinen Mitarbeiter „Gregor S.“ erstattet. Außerdem leitete er mehrere Disziplinarverfahren ein und hat dem unter dem Pseudonym bekannt gewordene Whistleblower dessen Sicherheitsermächtigung, die ihm Zutritt zum Büro ermöglichte, entzogen. Von dem „Berufsverbot“, wie er sagt, will sich S. jedoch nicht einschüchtern lassen. Er hat nun neben seiner Anwältin Christiane Meusel auch die renommierte Anwaltskanzlei Höcker an seiner Seite.

Der Mann, der zuletzt als „Führer für Vertrauenspersonen“ unter Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian tätig war, hatte davor gewarnt, daß der Inlandsgeheimdienst den Rechtsstaat aushöhlt. Durch die neue Extremismus-Kategorie „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ schaffe die Behörde Stichwörter, durch die Menschen zum Verdachtsfall werden, hatte er der Schwäbischen Zeitung gesagt.

„Legale Kritik ist Fall für den Verfassungsschutz“

S. fügte hinzu: „Was gestern legale Kritik war, kann heute ein Grund sein, ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten.“ Über die Vorgehensweise des Inlandsgeheimdienstes berichtete er: „Wir durchleuchten das Umfeld, den Arbeitgeber, die Geliebte, die Kumpels, die zum Grillen kommen, also eigentlich alles, was wir finden können.“ Dies betreffe auch Menschen, die lediglich die Grünen nicht mögen oder staatskritische Plakate aufhängen.

Mit seinen Anschuldigungen hat S. nicht nur für Alarmstimmung in seiner Behörde gesorgt. Außerdem beschäftigt sich die Parlamentarische Kontrollkommission im Sächsischen Landtag mit dem Fall, wie die Leipziger Volkszeitung berichtet. Daß ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes seine Kritik öffentlich äußere, sei ein „einmaliger Vorgang“. Ein Insider verurteilte demnach, daß ein Geheimdienstler „dermaßen unverfroren operative Details ausplaudert“.

Kanzlei Höcker geht gegen Verfassungsschutz vor

„Wir sind mandatiert, gegen Äußerungen des Verfassungsschutzes Sachsen über meinen Mandaten vorzugehen“, sagte Prof. Dr. Ralf Höcker der Schwäbischen Zeitung. Damit ist klar: S. gibt nicht klein bei. Er verklagt wiederum seinen Arbeitgeber.

Und er bleibt bei seiner Kritik: „Weil der Dienst es mit ernstzunehmenden Gegnern wie wirklich gewaltbereiten Links- oder Rechtsterroristen oder radikalen und teils kriegserfahrenen Islamisten nicht aufnehmen kann, kümmert er sich zunehmend um Leute, die eigentlich gar kein Fall für den Verfassungsschutz sind. Und in der Vergangenheit auch nicht waren.“ Im Klartext: Statt gefährlicher Extremisten bekämpft die Behörde die eigenen Bürger.

Um die Anwaltskosten für seinen Kampf gegen den Verfassungsschutz bezahlen zu können, hat S. auf der Seite Gofundme unter dem Namen „Freiheit schützen, Rechtsstaat verteidigen“ einen Spendenaufruf gestartet. In einer ausführlichen Erklärung bittet er um Unterstützung – „nicht nur in eigener Sache, sondern auch in den grundsätzlichen Fragen, die mein Fall aufwerfen und betreffen könnte, die auch in Ihrem Interesse wären. Egal ob als Bürger oder Bediensteter.“ Zudem hoffe er, „anderen Betroffenen Mut machen zu können, ihre eigenen Fälle öffentlich zu machen“. (fh)

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