Minderheitsregierung Sachsen Linke als Rettungsboot? Jetzt hilft Kretschmer nur noch Beten

DRESDEN. Die Lage für Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) hat sich weiter zugespitzt. Er findet bisher keine Mehrheit, um sich wie geplant Mitte Dezember vom Landtag im Amt bestätigen zu lassen.

In seiner Not hat er der Linkspartei, die bei der Wahl am 1. September an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war und nur durch zwei Direktmandate in den Landtag einzog, ein Angebot gemacht. Das hat der Linken-Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi laut Bild-Zeitung verraten.

Demnach sei Kretschmer, der das schlechteste CDU-Ergebnis in der Geschichte einfuhr, auf die Linken zugekommen und habe nach Unterstützung bei den Wahlgängen gefragt. Gysi zeigte sich nicht abgeneigt. Allerdings verlangte er eine offizielle Kooperationsvereinbarung. Kretschmers Problem: Es gibt einen Unvereinbarkeitsbeschluß des CDU-Bundesparteitages mit der umbenannten SED.

Kretschmer hat es sich mit den Grünen verscherzt

CDU (41 Sitze) und SPD (zehn) verfügen gemeinsam über 51 Abgeordnete, die absolute Mehrheit liegt jedoch bei 61. Den Koalitionsvertrag wollen die beiden Parteien noch bis Ende der Woche präsentieren. Kretschmers große Hoffnungen sind der zweite und der dritte Wahlgang. Denn da reicht die einfache Mehrheit. Heißt: Erhält er mehr Ja- als Nein-Stimmen, ist er gewählt. Dafür müßten sich mindestens 19 Abgeordnete anderer Fraktionen enthalten.

Die Linken stellen aber nur sechs Abgeordnete. Sollten sie auf den Deal eingehen, fehlen immer noch 13 Stimmen. Und da wird es schwer. Die Grünen, bisher mit CDU und SPD in der Regierung, lehnen Kretschmer nach dessen schweren Attacken im Wahlkampf als „den obersten Wutbürger des Landes“ entschieden ab. Ihre Fraktion hat sieben Mitglieder.

Das BSW mit seinen 15 Parlamentariern hat nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen ebenfalls ausgeschlossen, Kretschmer wieder ins Amt zu verhelfen. Denn auf keine der BSW-Forderungen bei Finanz- und Migrationspolitik seien Christ- und Sozialdemokraten eingegangen, so Fraktionschefin Sabine Zimmermann. Unterdessen hat die Wagenknecht-Fraktion zweimal AfD-Anträgen zugestimmt.

Die AfD würde von Neuwahlen profitieren

Bliebe die AfD mit ihren mächtigen 40 Abgeordneten. Obwohl er eine Zusammenarbeit strikt ablehnt, würde der Ministerpräsident nur zu gern einen Teil ihrer Stimmen ergattern. Doch dafür macht ihm die Fraktion wenig Hoffnung: „Stand jetzt und angesichts seiner Attacken auf unsere Partei werden wir gegen Herrn Kretschmer stimmen.“

Bestimmt der Landtag bis fünf Monate nach der Landtagswahl keinen Ministerpräsidenten, sieht die sächsische Verfassung Neuwahlen vor. Die Frist läuft am 31. Januar ab. Angesichts des sich abzeichnenden Debakels könnte sich die AfD Hoffnungen machen, die CDU dann als stärkste Kraft abzulösen. Auch deshalb scheinen Kretschmers Chancen auf Hilfe des Rivalen zu schwinden. (fh)

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