Migrationskrise im Norden: Migrationskrise im Norden Asylzahlen in Schweden: Und sie sinken doch

Bereits Ende Juni 2023 verkündete Schwedens konservativer Ministerpräsident Ulf Kristersson, daß der Migrationsdruck auf mehrere EU-Länder zunehme, während die Migration nach Schweden aufgrund politischer Maßnahmen abnehme. Er fügte hinzu, daß die Flüchtlingsquoten infolge der Reformen in der Migrationspolitik um 80 Prozent gesunken seien. Damit nähere sich Schweden dem EU-Minimum bei der Aufnahme von Flüchtlingen an. „Wir haben die EU ein bißchen sicherer, ein bißchen grüner und ein bißchen freier gemacht“, betonte der Vorsitzende der Moderaten Sammlungspartei (M) kurz vor Ende der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft.

Nach Übernahme der Regierungsverantwortung im Oktober 2022 durch den rechten Tidö-Block, geformt von den Moderaten, den Christdemokraten und den Liberalen, der von den rechten Schwedendemokraten im Reichstag toleriert wird, ist dieser in der Pflicht, seinen versprochenen „Paradigmenwechsel auf dem Gebiet der Migration“ umzusetzen. Dessen Hauptziele sind: „Die Kontrollen an den Außengrenzen werden verstärkt, die Unterstützung für schutzbedürftige Mitgliedstaaten wird aufgestockt, und der Rückführung wird Vorrang eingeräumt.“

Arbeitspflicht und Abschiebungen sind das Gebot der Stunde

Seit 2011 seien 1,2 Millionen ausländische Bürger nach Schweden eingewandert, und im gleichen Zeitraum hätten mehr als 700.000 die schwedische Staatsbürgerschaft angenommen. Viele von ihnen trügen dazu bei, Schweden stärker, reicher und besser zu machen, aber das Ausmaß der Ein-wanderung habe die Gesellschaft vor große Herausforderungen gestellt. „Integrationsprobleme prägen inzwischen die meisten Politikbereiche. Aus diesem Grund ändert die Regierung ihre Politik“, erklärt die Regierung im Oktober 2023 ihre Zielsetzung. Um den Trend umzukehren und die Voraussetzungen für Integration zu schaffen, seien bereits Maßnahmen umgesetzt worden oder geplant, um die asylbedingte Migration auf ein langfristig trag-fähiges Niveau reduzieren zu können.

Während sie auf die Bearbeitung ihres Asylantrags warten, müssen Migranten für ihren Lebensunterhalt sorgen. „Das können Sie entweder mit Ihrem Ersparten oder durch Arbeit tun. Um als Asylbewerber arbeiten zu dürfen, müssen Sie im Besitz einer Bescheinigung (AT-UND) sein, die besagt, daß Sie von der Arbeitserlaubnispflicht befreit sind. Es ist wichtig, daß Sie Ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Wenn Sie kein eigenes Geld verdienen und nicht über andere Mittel verfügen, können Sie bei der Migrationsbehörde eine finanzielle Unterstützung beantragen. Die finanzielle Unterstützung setzt sich aus mehreren Teilen zusammen: Tagegeld, Unterkunftsentschädigung und Sonderbeihilfe“, so die Migrantenberatung an potentielle Zuwanderer.

Diejenigen, die eine Abschiebeanordnung erhalten, müßten Schweden verlassen, so die Tidö-Regeln. Entsprechend seien strengere Bedingungen für den Familiennachzug und begrenzte Möglichkeiten für Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen, weniger Quotenflüchtlinge und wirksamere Instrumente für die Behörden bei der internen Einwanderungskontrolle auf den Weg gebracht. „Die derzeitigen Regeln für die Einwanderung von Familienangehörigen sind großzügiger, als es das EU-Recht und andere internationale Verpflichtungen vorschreiben“, betonte die Ministerin für Migration Maria Malmer Stenergard (M). Zudem sei die Zahl der Widerrufe von Aufenthaltsgenehmigungen erhöht und mit der Einrichtung von Aufnahme- und Rückkehrzentren, die das derzeitigen Systems der Privatunterkünfte abschaffen soll, begonnen worden.

Tidö-Koalition baut Asyl-Rückführungszentren

Rückführungszentren werden von der schwedischen Migrationsbehörde betrieben und sind spezielle Unterkünfte für Menschen, die eine vollstreckbare Entscheidung über ihre Abschiebung oder Überstellung in ein anderes Land erhalten haben. Die Menschen, die in den Rückkehrzentren der schwedischen Migrationsbehörde untergebracht sind, erhalten von der Behörde Unterstützung bei der Planung ihrer Rückkehr und der Wiedereingliederung in ihr Heimatland. Dies kann Hilfe bei der Buchung von Reisen, bei der Beschaffung von Reisedokumenten oder bei der Kontaktaufnahme mit der Botschaft des Heimatlandes umfassen. 

„Aufnahme- und Rückführungszentren sollen zunächst nicht in oder in der Nähe von Gebieten liegen, die von der Polizeibehörde als gefährdete Gebiete eingestuft wurden. Bei der Planung von Aufnahmezentren muß die schwedische Migrationsbehörde auch die langfristigen regionalen Arbeitsmarktbedingungen für diejenigen berücksichtigen, die später eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten“, so Migrationsministerin Stenergard. Am 24. Mai dieses Jahres besuchten Kristersson und Stenergard das erste Rückkehrzentrum der schwedischen Migrationsbehörde in Arlöv in der Nähe von Malmö, um die laufende und künftige Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde, der schwedischen Migrationsbehörde und der Regierung in Fragen der Rückkehr zu besprechen.

Nordische Staaten wollen gemeinsam gegen Massenmigration vorgehen

Bei diesem Besuch mußte Kristersson gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT erklären, warum er die schwedischen Botschaften in einem Schreiben aufgefordert hatte, genaue Informationen über Schweden zu verbreiten, um zu verhindern, daß Menschen, die keinen Asylgrund haben, nach Schweden reisen. „Wir ändern die schwedische Migrationspolitik jetzt grundlegend, deshalb ist es wichtig, daß die Länder, aus denen viele Menschen nach Schweden kommen, wissen, was gilt“, erklärte er gegenüber TT. Auf die Frage, daß Menschen, die Schweden abschieben wolle, von ihren Heimatländern nicht akzeptiert würden, antwortete Kristersson: „Wir arbeiten mit starkem Druck – in Fragen der Hilfe, der Diplomatie, der Visa –, um deutlich zu machen, daß man immer Verantwortung für seine eigenen Bürger hat.“

Am 8. August trat dann Schwedens Migrationsministerin Stenergard vor die Mikrofone und teilte sichtlich stolz mit, daß die Zahl der Asylbewerber in Schweden in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 27 Prozent zurückgegangen sei und sich auf einem historisch niedrigen Niveau befinde – zum ersten Mal seit 50 Jahren habe Schweden eine Nettoauswanderung zu verzeichnen. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 seien insgesamt 5.600 Asylanträge registriert worden, und im vergangenen Jahr sei selbst die Auswanderung von Menschen, die in Ländern wie dem Irak, Somalia und Syrien geboren wurden, gestiegen. Parallel dazu appellierte Maria Malmer  Stenergard an Zuwanderer: „Wenn Sie in Schweden bleiben wollen, sollten Sie die Sprache lernen, sich selbst versorgen und die schwedischen Werte respektieren.“ 

In der Folge kam Stenergard am 16. August 2024 mit ihren Ministerkollegen aus Finnland, Norwegen, Dänemark und Island zu einem Treffen in Norwegen zusammen. Dabei wurden vor allem Maßnahmen zur Bekämpfung des Mißbrauchs des Visasystems diskutiert. Vor allem die Frage, wie der Mißbrauch des gemeinsamen Visasystems zum Schutz unserer Außengrenzen und der Integrität des Asylsystems verhindert werden könne, stand im Mittelpunkt. „Viele Asylanträge werden von Personen mit einem Schengen-Visum oder von Personen aus Ländern gestellt, die von der Visumspflicht befreit sind. Um dies in Zukunft zu verhindern, ist eine gemeinsame Anstrengung unabdingbar. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, jeglichen Mißbrauch des Visainstituts zu verhindern“, erklärten die Minister.

JF 36/24

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