Medienkritik: Medienkritik Der Fall-Maaßen: Wie die Presse einen Rechtsextremen erfand

Führende Medien verbreiten seit Tagen die offenbare Falschmeldung, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) führe seinen ehemaligen Präsidenten Hans-Georg Maaßen „als Rechtsextremisten“. Doch dafür, daß dies der Wahrheit entspricht, fehlt bislang jeder Beleg.

Dennoch erwecken unter anderem Tagesschau, ZDF, Deutschlandfunk, WDR, NDR, Bayerischer Rundfunk und weitere öffentlich-rechtliche Medien, aber auch private Blätter wie Focus, Stern, Zeit, taz oder das Redaktionsnetzwerk Deutschland diesen Eindruck.

Der Verfassungsschutz hat Maaßen nicht als „Rechtsextremist“ eingestuft

Zurück geht die vermutlich erfundene Nachricht auf eine Meldung des ARD-Magazins „Kontraste“ und des Nachrichtenportals T-Online in der behauptet wird: „Das BfV ordnet seinen ehemaligen Präsidenten Hans-Georg Maaßen als Extremisten ein.“ Doch als „Beweis“ dafür führt der Text lediglich an: „Der 61jährige frühere Spitzenbeamte ist im nachrichtendienstlichen Informationssystem des Amtes im Bereich Rechtsextremismus gespeichert.“

Nur, die bloße Führung eines Vorgangs im „Bereich Rechtsextremismus“ bedeutet keineswegs, daß der Betreffende vom BfV auch als solcher eingestuft wird. Denn, so erklärt der renommierte Freiburger Staatsrechtler Dietrich Murswiek auf Anfrage der JF: „Es gibt keine ‘Einstufung als Rechtsextremist’ – sondern Einstufungen als ‘Prüffall’, als ‘Verdachtsfall’ und als Fall ’erwiesener Verfassungsfeindlichkeit‘. Das Beobachtungsobjekt – gleichgültig auf welcher der drei Stufen es eingestuft ist – wird einem sogenannten ‘Phänomenbereich’ zugeordnet. Phänomenbereiche sind hauptsächlich Rechts- und Linksextremismus, aber auch etwa Islamismus oder neuerdings ‘verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates’.“

Die vielsagende Nicht-Antwort des BfV

Woher also wissen die zahlreichen Medien, die Maaßen öffentlich als verfassungsschutzbeglaubigten Rechtsextremisten darstellen, daß er innerhalb des Phänomenbereichs als „erwiesener Fall“ gilt? Auf eine Nachfrage der JF beim BfV, ob die Behauptung zutreffend ist, reagiert dieses mit einer Antwort, die unfreiwillig die Frage klärt – nämlich mit gar keiner, denn: „Zu Einzelpersonen äußert das BfV sich aufgrund des Schutzes von Persönlichkeitsrechten nicht.“

Und diese „Persönlichkeitsrechte“ gelten natürlich auch gegenüber allen anderen Medien. Daraus folgt, daß diese gar nicht wissen können, wie das BfV Maaßen einstuft.

Maaßen veröffentlicht seine Akten

Könnten sie nicht zufällig richtig liegen? Möglich, nur behauptet keines dieser Medien, eine Vermutung zu äußern, sondern eine Tatsache – und damit ist die Nachricht: Fake News.

Und selbst wenn sie sich nachträglich als richtig herausstellen sollte, war sie zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung nicht das, was die Medien behaupten: eine gesicherte Tatsache.

Angesichts des Mangels an Fakten bleibt allerdings derzeit nichts anders, als Vermutungen anzustellen. Laut Fachmann Murswik ist ebenso die Führung als Prüffall „denkbar“, aufgrund des „Umfangs der Materialsammlung“ aber „vermutlich“ als Verdachtsfall. Denn den Inhalt seiner Akte hat Maaßen, der auf die „Kontraste“-/T-Online-Meldung hin per Rechtsanwalt beim BfV Einsicht verlangt hatte, vergangenen Woche auf X öffentlich gemacht. Damit ist nun zwar bekannt, was ihm vorgeworfen wird – wie er auf Grundlage dessen eingestuft ist, das ist in der Akte nicht vermerkt.

Berichtet der Boulevard seriöser als die Öffentlich-Rechtlichen?

Ein anderes Indiz dafür, daß die Behauptung nicht nur unbelegt, sondern falsch ist, sieht ein Experte, der gegenüber der JF ungenannt bleiben möchte: „Würde das BfV Maaßen als gesichert rechtsextrem bewerten, hätte die Innenministerin das mit Sicherheit längst triumphierend der Öffentlichkeit verkündet.“

Pikant ist, daß zu den Medien, die korrekt über den Fall berichtet haben die „Bild“-Zeitung gehört, ausgerechnet also das Boulevardblatt jene Sorgfalt übt, die vor allem die Öffentlich-Rechtlichen in dieser Sache fröhlich ignoriert haben, obwohl diese die einzigen Medien sind die anders als die privaten zu Sorgfalt und Ausgewogenheit verpflichtet sind und mit dem Argument des „Qualitätsjournalismus“ den Rundfunkbeitrag rechtfertigen.

Grüne und SPD gründen ihre Rhetorik auf Fake News

Ebenfalls pikant: Die Phantasie-Behauptung hat zu scharfen Reaktionen, auch in der Politik geführt. So habe etwa der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich, berichtet die Frankfurter Rundschau, angesichts der Nachricht, Maaßen sei vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingeordnet, gefordert, „dienstrechtliche Konsequenzen gegen ihn ins Auge zu fassen“. Weitere Politiker von Grünen und SPD schlossen sich der Forderung aufgrund der von Maaßen veröffentlichten Akte an. Dabei geht es auch um eine mögliche Kürzung von Maaßens Ruhestandsbezügen.

Wie der Betroffene diesen erneuten Fall von „Potsdamer Wannseekonferenz 2.0“ – also eine Medienerfindung ohne jede Faktengrundlage – bewertet, ist leider nicht bekannt, denn auf JF-Anfrage hin bat Maaßen um Verständnis, sich derzeit nicht zu äußern.

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