Wer Anfang der 80er Jahre in Westdeutschland Lehrer und Schüler provozieren wollte, mußte nur einen „FJS“-Aufkleber auf dem Ranzen haben. Ich hatte so einen. Franz Josef Strauß war Haßfigur der Linken und des liberalen Bürgertums, seine Kanzlerkandidatur für die Union 1980 ein Skandal. Heute würde man sagen: Sie „spaltete“ das Land.
Regelmäßig kam es bei seinen Wahlkampfveranstaltungen zu Straßenschlachten, waren Auftritte in Unistädten wie Freiburg oder Göttingen aus Sicherheitsgründen nicht möglich. An Koalitionen mit Grünen, deren linksradikale Anhänger der hessische SPD-Chef Holger Börner noch mit einer Dachlatte erledigen wollte, war nicht im Traum zu denken. Wer Koalitionen der CDU mit SED-Nachfolgern in Aussicht gestellt hätte, dem hätte man einen Krankenwagen gerufen.
Zwischen Strauß und Merkel liegen Welten
Vierzig Jahre später und nach 16 Jahren Angela Merkel ist das alles kein Problem mehr. Koalitionen der CDU mit den Grünen: Normalfall aktuell in fünf Bundesländern. Für smarte CDU-Sonnyboys wie Hendrik Wüst (NRW) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) scheint eine harmonischere Liaison kaum denkbar.
Und nun sinkt auch noch Friedrich Merz in Gestalt seiner sächsischen und thüringischen Landeschefs in die Arme von Sahra Wagenknecht. Während sogar Bündnisse mit rußlandfreundlichen radikalen Linken möglich sind, wird die Brandmauer nach rechts, zur AfD noch höher gezogen? Warum ist das eigentlich so?
Die Brandmauer fällt, wenn es opportun ist
Die Durchlässigkeit der Institutionen und der Öffentlichkeit bis zur extremen Linken ist ein Erbe von 1968. Das die Union tragende bürgerliche Milieu hat sich in diesem Kulturkampf frühzeitig unterworfen. Opportunistisch? Natürlich! Weil es schlicht bequemer ist. Die Polarisierung unter Strauß war eine letzte Lehre. Die CDU ist eine Machtmaschine, die gesellschaftliche Trends mit kleinem Verzögerungseffekt aufnimmt – selbst jedoch kaum welche bestimmen will.
Erst auf massiven gesellschaftlichen Druck reagieren Strategen der Union. Das sind die erdrutschartigen Stimmengewinne der AfD (und neuerdings des BSW). Allein deshalb wird aktuell die Gangart beim Thema Migration endlich verschärft.
Für das Einreißen der Brandmauer braucht es mehr. Die CDU, konfliktscheu aus Prinzip, hat die Medien, die Repräsentanten tonangebender gesellschaftlicher Gruppen (Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände) stets fest im Blick. Erst wenn dort der Wind dreht und eine Rück- versicherung da ist, wird es eine Öffnung nach rechts geben. Also muß der Druck noch weiter massiv steigen, damit dies passiert.
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Quellenlink : Koalitionsoptionen: Koalitionsoptionen Brandmauer-Debatte – Der Druck muß noch steigen