Klärungsbedarf vor EU-Wahlen: Klärungsbedarf vor EU-Wahlen Was hinter dem Treffen von Le Pen und AfD-Chefin Weidel steckt

Während die Beziehungen zwischen dem französischen Rassemblement National (RN) und der deutschen Alternative für Deutschland (AfD) nach einer Kampagne in der deutschen Presse gegen die AfD in Bezug auf das Thema Remigration angespannt waren, haben die Chefs der beiden Parteien ihre Kontakte intensiviert, um Mißverständnisse zu überwinden und die Beziehungen zu stärken.

In einer vom deutschen Journalistennetzwerk „Correctiv“ veröffentlichten Untersuchung wurde im Januar behauptet, die AfD habe sich auf einer Tagung für die „Remigration“ nicht assimilierter deutscher Staatsangehöriger ausgesprochen. Aufgrund dieser Anschuldigungen, die von der AfD dementiert wurden, kündigte der Rassemblement National, Verbündeter der AfD in der rechten Fraktion Identität und Demokratie (ID) des EU-Parlaments, an, sich von seinem deutschen Pendant distanzieren zu wollen, und verurteilte jede Form von „Remigration“ aufs Schärfste.

Seitdem ist viel Zeit vergangen und beide Parteien versuchen, sich diplomatisch wieder anzunähern. Am Dienstag, dem 20. Februar, fand in Paris ein diskretes Mittagessen zwischen AfD-Chefin Alice Weidel, dem RN-Vorsitzenden Jordan Bardella und Marine Le Pen, Chefin der RN-Parlamentarier in Frankreich, statt.

RN fürchtet um seriösen Ruf

Der Rassemblement wollte sich zunächst nicht zu diesem strategisch wichtigen Mittagessen äußern, das dazu dienen sollte, die Beziehungen zwischen den beiden Parteien seit dem „Correctiv“-Artikel zu klären. Innerhalb des RN gibt es zwei gegensätzliche Lager. Die Befürworter einer AfD-Distanzierung argumentieren, daß sie Gefahr laufen, den schlechten Ruf des Rassemblements aus der Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.

Die RN-Europaabgeordneten wollen ihrerseits das starke Bündnis mit der AfD beibehalten, das für eine maximale Machtfülle ihrer europäischen Parlamentsfraktion, der ID-Fraktion, unerläßlich ist. Die Europaabgeordneten haben daher ihren Einfluß geltend gemacht, um die Beziehungen wieder zu beleben.

Die Deutschen sind sich einig

Auf deutscher Seite gibt es keine solche Spaltung. Alice Weidel ihrerseits war sehr kommunikationsfreudig bei diesem entscheidenden Mittagessen und teilte ihre Erfahrungen herzlich und enthusiastisch auf ihrem X-Account mit, was die Franzosen dazu zwang, aus der Defensive zu kommen. „Wir haben viele politische Themen diskutiert und festgestellt, daß wir nach den gleichen Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit suchen. Ich möchte mich für den herzlichen Empfang in Paris bedanken“, postete Weidel in den Stunden nach dem Mittagessen.

Der Rassemblement National dementierte das nicht, wollte sich aber nicht unmittelbar zu dem Austausch der beiden Parteien äußern. Der Nachrichtensender France Info verbreitete daraufhin Gerüchte, der RN habe die AfD um eine schriftliche Bestätigung gebeten, daß die deutsche Partei in ihrem politischen Programm endgültig auf die Idee der „Remigration“ verzichten werde – auch hier zunächst ohne offizielle Bestätigung des RN.

Weidel laut RN zu schriftlicher Klarstellung bereit

Es dauerte einige Tage, bis die Mitteilung der französischen Partei über das Mittagessen und seine Folgen fertiggestellt war. Am Sonntag, dem 25. Februar, erläuterte der Parteivorsitzende Bardella seine Version der Ereignisse auf dem Sender BFM TV. Er stellte das Mittagessen mit Alice Weidel als eine Initiative von ihm und Marine Le Pen dar, um „ihre Meinungsverschiedenheiten“ in der Frage der Remigration auszudrücken. Bardella erklärte weiter, daß die Co-Vorsitzende der AfD „eine Reihe von Klarstellungen geliefert hat, die sie uns schriftlich zukommen lassen wird“.

Die ganze Kontroverse dreht sich um die Definition des Begriffs „Remigration“, der sowohl auf der Rechten als auch auf der Linken verschiedenste Assoziationen hervorruft.

Marion Maréchal von der Partei Reconquête, dem Rivalen des RN, betonte, daß sie in der Frage der „Remigration“ auf der gleichen Linie wie die AfD liege, nämlich der Ausweisung ausländischer Krimineller, langzeitarbeitsloser Ausländer und ausländischer Islamisten, die vom AfD-Abgeordneten Maximilian Krah vorgeschlagen wurde. „Das war unser präsidiales Projekt mit Éric Zemmour“, betonte Maréchal Anfang Februar in der Radiosendung „France Inter“.

Bardella über AfD: „Sie sind unsere Verbündeten“

Tatsächlich sind die Standpunkte des RN nicht grundlegend verschieden. Was die Partei kritisiert, ist nicht die Abschiebung von Ausländern, die sich illegal in Frankreich aufhalten oder die in Frankreich verurteilt wurden, sondern die Idee, daß die Staatsangehörigkeit – ob französisch oder deutsch – Personen nachträglich entzogen werden kann, um sie allein aufgrund ihrer Herkunft oder Religion abzuschieben.

Für den Rassemblement National ist das nicht verhandelbar und Bardella forderte von der AfD eine schriftliche Zusage dazu. Bardella begrüßte Weidels Erklärung, daß sie entgegen den Behauptungen im „Correctiv“-Artikel es ablehne, „Menschen die Staatsbürgerschaft mit der Begründung zu entziehen, daß sie ausländischer Herkunft sind“.

Das BFM-Interview endete mit diesen Worten des RN-Präsidenten über die AfD: „Sie sind unsere Verbündeten, zumindest bis zum Beweis des Gegenteils.“


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache bei „The European Conservative“.

 

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