Kino-Besprechung Wie Dwayne Johnson zum Retter der Weihnachten wird

Was gibt es Schöneres, um so richtig in Vorweihnachtsstimmung zu kommen, als einen schönen, großen Weihnachtsfilm für die ganze Familie? Einen, in dem es kracht und rummst und turbulent zugeht, aber auch ein bißchen besinnlich ist und der vor allem keinen Zweifel daran läßt, daß es den im englischen Sprachraum besser als Santa Claus bekannten Mann mit dem roten Mantel und dem weißen Rauschebart tatsächlich gibt? Man muß in der Filmgeschichte lange suchen, um ein Werk zu finden, in dem all diese Kriterien mehr als erfüllt sind und auch sonst kaum Wünsche offen bleiben.

Moderne Klassiker wie „Santa Claus“ (1985), „Das Wunder von Manhattan“ (1994) und die gleich in Serie gegangene Komödie „Santa Clause – Eine schöne Bescherung“ (1994) mit Tim Allen haben mit „Red One – Alarmstufe Weihnachten“ nun beachtliche Konkurrenz bekommen. Autor Chris Morgan und Regisseur Jake Kasdan wagen ein außergewöhnliches Experiment: Sie kombinieren die aus Comic-Verfilmungen bekannten Superheldenkräfte mit den bekannten amerikanischen Weihnachtsmotiven – Nikolaus, Nordpol und Rentierschlitten – ohne dabei freilich die in den Actionkrachern übliche Schlagzahl zu senken. Am Sonntag feierte der Film im Beisein der prominenten Hauptdarsteller Weltpremiere im Berliner UCI Luxe.

Dwayne Johnson als Chef des Nordpolsicherheitsdienstes

Das Drama beginnt am 24. Dezember am Nordpol. Santa Claus (J. K. Simmons), der in der internen Chiffrierung des von Direktorin Zoe (Lucy Liu) geleiteten Mythologiewachdienstes als „der Rote“ („The Red One“) und von Freunden schlicht als Nick bezeichnet wird, steht mit seinem Rentierschlitten auf der Startrampe für die diesjährige Geschenkeauslieferung. Plötzlich registriert Callum Drift (Dwayne Johnson), Kommandeur des Nordpolsicherheitsdienstes E. L. F., unbefugte Eindringlinge.

Sie haben ein Loch in die Kuppel geschnitten, die die Domäne des Roten von der Außenwelt abschirmt, und sind mit einem Turbogleiter in das Industriegebiet eingedrungen, in dem die Geschenke hergestellt werden. Der Sicherheitschef nimmt sofort die Verfolgung auf. Als er den Gleiter gestoppt hat, stellt er fest, daß der leer ist – eine Finte. Inzwischen ist der Rote tatsächlich entführt worden, und keiner weiß, wo er steckt. Nun droht das Fest der Feste auszufallen – Alarmstufe Weihnachten!

Das ausgeklügelte interkontinentale seismische Überwachungssystem konnte, da ist sich Oberwachtmeisterin Zoe sicher, nur einer überlisten: der Auftragshacker Wolf (Chris Evans), bürgerlicher Name: Jack O’Malley. Der lebt von Frau und Sohn getrennt, woran sein ausgeprägtes Ego nicht ganz schuldlos sein dürfte. Callum stöbert den ehrlosen Computer-Schnösel auf. Da O’Malley nicht daran schuld sein möchte, daß sein Sohn keine Geschenke bekommt, willigt er ein, Callum zu seinem Auftraggeber zu führen. Der entpuppt sich als Auftraggeberin. Es handelt sich um die furchterregende Hexe Gryla, deren Namen man genausowenig aussprechen darf wie den von Lord Voldemort bei „Harry Potter“. Sonst droht Unheil. Und genau dieses hat die Weihnachtshexe für die Menschenwelt vorgesehen.

Auch ein Familiendrama spielt hier eine Rolle

Der Oger in Frauengestalt ist davon überzeugt, daß der Mann im roten Mantel viel zu nachsichtig mit all den irdischen Sündern ist. Die Liste der Unartigen (im englischen Original heißen sie „naughty ones“) hat sich nämlich, wie auch Sicherheitschef Callum Drift zugeben muß, in letzter Zeit drastisch erhöht. Er zweifelt deswegen sogar an seinem Beruf. Gryla findet, die Zeit ist reif, um endlich andere Saiten aufzuziehen und die Menschheit das Fürchten zu lehren. Nur Artige sollen nach ihrer Strafaktion, für die sie sich ein im wahrsten Sinne des Wortes eiskaltes Zuchthaus ausgesucht hat, auf Erden zurückbleiben. Aber wie viele werden das sein?

Natürlich ist O’Malley zu trantütig, um die Namensvermeidungsregel konsequent einzuhalten. Und so werden er und Callum bei ihren Nachforschungen am Strand von Hawaii von Riesen-Schneemännern angegriffen, die in Grylas Auftrag Angst und Schrecken verbreiten. Schließlich erfährt der ununterbrochen in Staunen versetzte Zuschauer, daß der Weihnachtsmann noch einen Bruder hat, den garstigen Krampus. Der feiert im fernen Deutschland zu Roland-Kaiser-Musik eine Art Dauer-Walpurgisnacht, bei der Fausthiebe den Hexenbesen ersetzen, und könnte im Machtkampf mit der garstigen Gryla eine entscheidende Rolle spielen. Da er sich aber mit seinem Bruder Nick überworfen hat, dürfte es nicht ganz leicht werden, ihn dazu zu bringen, diese Rolle auch anzunehmen.

„Red One“ mit viel Charme und Humor

„Red One – Alarmstufe Weihnachten“ macht Schluß mit überdrehten Superheldenabenteuern in surrealen kosmischen Räumen, Multiversums-Tinnef und unübersichtlichem martialischen Getöse. Jake Kasdan, der mit Hauptdarsteller Dwayne Johnson bereits bei den „Jumanji“-Filmen zusammengearbeitet hat, bleibt mit seinem Weihnachtsfilm der besonderen Art zwar nicht auf dem Boden der Tatsachen, sondern verwandelt den Nordpol mit Hilfe von CGI-Effekten in eine fantastische Fabelwelt und hebt auch manchmal ab, aber das alles mit sehr viel Charme und noch mehr Humor.

Und wer beim großen Finale genau aufpaßt, der wird in der furiosen Actionkomödie auch daran erinnert, worum es an Weihnachten tatsächlich geht und wie man dem Fluch des einprogrammierten Fehlverhaltens ein Schnippchen schlägt. In der allergrößten Not beschwört Übeltäter O’Malley nämlich den Geist der Weihnacht, und ein Hauch von Charles Dickens durchweht die eisige Nordpolnacht.

Wer also in der Zeit der Lebkuchen, Lichterketten und leuchtenden Tannenbäume nach dem ganz großen Kinoabenteuer sucht, das diese adventliche Stimmung noch befeuert, der wird um „Red One – Alarmstufe Weihnachten“ nicht herumkommen. Fraglich ist nur, ob dieses Suchen drei Wochen vor dem ersten Advent schon begonnen hat.

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