Kampf gegen die Oppositionspartei Grüne wollen schrittweisen Weg zum AfD-Verbot

Seit mehr als einem Jahr sammelt Marco Wanderwitz Unterschriften, um einen parteiübergreifenden Antrag auf ein AfD-Verbotsverfahren im Parlament einzubringen. Angeblich hat der CDU-Abgeordnete deutlich mehr als die 37 Unterstützer – fünf Prozent der Bundestagsmitglieder – zusammen und wollte eigentlich im November oder Dezember den immer wieder verzögerten Antrag einbringen. Nun machen das Zerbrechen der Ampelregierung und die schon bald anstehenden Neuwahlen alle seine bisherigen Pläne zunichte.

Politische Beobachter in Berlin halten das Wanderwitz-Vorhaben für so gut wie tot. Schon vor dem Kollaps der Ampelregierung erschien es sehr unwahrscheinlich, daß Wanderwitz’ Antrag im Bundestag eine Mehrheit erhalten würde. In seiner eigenen CDU/CSU-Fraktion wollten nur sieben Abgeordnete den Antrag unterstützen. Die Fraktionsspitze hat in einem Positionspapier gravierende Einwände formuliert, warum sie den Antrag für juristisch gefährlich und politisch kontraproduktiv hält. Nun wird auch noch die Zeit extrem knapp.

Beobachter halten es daher für fast ausgeschlossen, daß es Wanderwitz in den verbleibenden wenigen Wochen noch gelingt, den Antrag einzubringen. Möglich ist auch, daß er das Vorhaben zurückzieht, um eine Abstimmungsniederlage zu vermeiden, welche die AfD als Sieg für sich verbuchen könnte.

Wanderwitz scheidet bald aus dem Bundestag aus

Dem nächsten Bundestag wird Wanderwitz nicht mehr angehören. Er hat seinen Rückzug schon länger verkündet. Auch seine Partnerin, die in der Öffentlichkeit eher unbekannte Bundesvizepräsidentin Yvonne Magwas, wird ihre politische Karriere beenden. Bei beiden ist das Ende nicht ganz freiwillig: Magwas’ Kreisverband im sächsischen Vogtlandkreis wollte sie nicht mehr aufstellen. Und Wanderwitz gilt in der sächsischen Union schon länger als komplett isoliert und chancenlos.

Die AfD-Spitze reagierte zuletzt kaum noch auf seine Angriffe und ignorierte ihn eher. AfD-Chefin Alice Weidel hat ein Verbotsverfahren gegen die zweitgrößte Oppositionspartei als undemokratisch bezeichnet. Auch viele Verfassungsrechtler wie der frühere Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier und der Jura-Professor Rupert Scholz haben starke Bedenken.

In der CDU wie auch in der SPD gibt es zudem große Sorgen, daß ein Verbotsantrag der AfD im kommenden Bundestagswahlkampf eher noch mehr Wähler zutreibt, da viele Bürger das Vorgehen kritisch sehen. Die CDU-Führung warnt, man dürfe der AfD „nicht erlauben, sich als Märtyrerin zu inszenieren“.

Grüne wollen schrittweisen Weg zum AfD-Verbot

Mehrere teils prominente Grünen-Politiker, darunter die Ex-Ministerin Renate Künast, haben nun einen anderen Weg zu einem AfD-Verbot vorgeschlagen. Sie wollen einen Antrag ins Parlament einbringen, daß Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zunächst juristische Gutachter beauftragen soll, um die Erfolgsaussichten eines Verbots zu bewerten. Zugleich soll die Bundesregierung aufgefordert werden, alle vorliegenden Materialien des Verfassungsschutzes zur Verfügung zu stellen. Nach Abschluß dieser Materialsammlung und -Prüfung könnte ein AfD-Verbotsantrag folgen, so wünscht es die Grünen-Gruppe.

Verfaßt haben den Antrag die frühere Landwirtschaftsministerin Renate Künast aus Berlin, der Abgeordnete Lukas Benner und die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic. Sie werben fraktionsübergreifend um Unterstützer.

Der früheren Ministerin Künast findet Wanderwitz’ Vorgehen für übereilt. „Wir müssen erst die Beweislage sichten und sicher gehen, dass ein Verbotsantrag trägt“, sagte sie dem Spiegel. „Sonst laufen wir Gefahr, daß das Verfahren in Karlsruhe scheitert.“ In ihren Augen ist die AfD zwar eindeutig rechtsextrem und demokratiefeindlich, so Künast. Der Nachweis, daß sie verfassungswidrig sei, sei aber nicht so einfach zu erbringen.

In dem Antrag heißt es: Der richtige Weg sei, „sich jetzt das Material für eine gründliche Prüfung zu verschaffen“ und dann „aufgrund einer fundierten Begutachtung“ über einen Verbotsantrag zu entscheiden. Das Erstellen der Materialsammlung brauche jedoch Zeit und könne „möglicherweise nicht mehr diese Legislaturperiode abgeschlossen werden“.

Berliner Justizsenatorin und VS-Favoritin ist skeptisch

Das erscheint noch untertrieben. Nach Einschätzung von Fachleuten dürfte allein das Sammeln und Sichten der Hunderten Aktenordner an Material und Berichten, die das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz über die Oppositionspartei gesammelt haben, viele Monate dauern. Der Bundestag arbeitet aber kaum noch. Alle Parteien haben schon weitgehend auf Wahlkampf umgeschaltet.

Die Berliner Justizsenatorin und frühere Verfassungsschutz-Vizechefin Felor Badenberg (CDU) hat Ende Oktober von dem AfD-Verbotsbemühungen von Wanderwitz abgeraten. Dies sei zu riskant, sagte Badenberg, die als aussichtsreiche Nachfolgering für VS-Präsident Haldenwang gehandelt wird. Sie warnte: Die Hürden für ein Parteiverbot seien „zu Recht sehr hoch“.

Verbot einzelner Landesverbände?

Für ein Verbot müßte die AfD „nicht nur erwiesenermaßen verfassungsfeindlich sein, sondern sie muß auch aktiv und planvoll auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der demokratischen Grundordnung hinarbeiten“. Daher rate sie „dringend davon ab, zum jetzigen Zeitpunkt einen Verbotsantrag für die Bundespartei zu stellen“, sagt sie gegenüber dem Spiegel. „Die Gefahr, vor dem Verfassungsgericht zu verlieren, ist groß.“

Anders sehe es bei einzelnen Landesverbänden aus, die der Verfassungsschutz schon seit Längerem als „erwiesen rechtsextrem“ einstuft. „Ein Antrag, die AfD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu verbieten, hätte echte Erfolgschancen“, so Badenberg. Auch ein Verbot der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative sollte in Betracht gezogen werden.

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