Es gibt in Frankreich eine seit fast vier Wochen anhaltende Debatte über den Staatsbesuch von Präsident Emmanuel Macron in Marokko, genauer gesagt über die Rede, die er vor den beiden Kammern des marokkanischen Parlaments gehalten hat. Die begann er mit der Entschuldigung für den Kolonialismus, den er auf „die Hybris und die mechanische Kraft der europäischen Staaten“ zurückführte, denen auch Marokko als französisches Protektorat zum Opfer gefallen sei.
Dann fuhr Macron mit dem Hinweis fort, daß Kolonialismus auch ganz anders aussehen könne, denn die „Jahre von Al-Andalus haben Spanien und Südfrankreich zu einem Nährboden für den Austausch“ mit der nordafrikanischen Kultur gemacht: „Die Giralda in Sevilla, die blauen Kirchen und die kunstvollen Innenhöfe des Südens sind noch immer ein prächtiges architektonisches Zeugnis davon.“
Karl Martell beendete die islamischen Eroberungsphantasien
Al-Andalus ist die Bezeichnung der von arabischen und berberischen Stämmen seit 711 unterworfenen Gebiete der Iberischen Halbinsel. Entgegen der verbreiteten Überzeugung ist der Name wohl nicht von dem der germanischen Vandalen abgeleitet, die sich in dieser Region kurzfristig festgesetzt hatten, sondern geht eher auf das gotische landahlauts zurück, das so viel wie „Landlose“ bedeutet haben könnte und sich auf die Gebietsverteilung durch die Westgoten bezog.
Sicher ist das aber keineswegs. Anders als die Tatsache, daß der westgotischen Herrschaft durch die muslimischen Invasoren ein Ende bereitet wurde, die von Nordafrika aus übersetzten und nach und nach große Teile des späteren Spanien und Portugal unterwarfen.
Vom Beginn des 10. bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts machten die Eroberer Córdoba zu einem Machtzentrum der islamischen Welt. Seine Herrscher beanspruchten sogar den Titel „Kalif“, also „Führer der Gläubigen“. Aber schon die Niederlage gegen die fränkischen Truppen Karl Martells in der Doppelschlacht bei Tours und Poitiers 732 ließ ambitioniertere Versuche scheitern, weiter nach Osten vorzustoßen.
Zentrales Element der spanischen Identität
Nach dem Untergang des Kalifats 1031 zerfiel Al-Andalus in zwanzig miteinander konkurrierende oder verfeindete Herrschaften, die sich zunehmend dem Druck der christlichen Reiche im Norden der Halbinsel ausgesetzt sahen. Die von dieser Seite vorangetriebene Reconquista – also „Rückeroberung“ – fand in den Königen von Kastilien und Aragon ihre wichtigsten Träger. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts war von Al-Andalus nichts mehr übrig als das Emirat Granada, das allerdings erst 1492 befreit wurde.
Traditionell war die spanische Identität auf die Reconquista als zentrales Ereignis bezogen: „Die Reconquista, unsere großartige mittelalterliche Unternehmung, eine normale Reaktion auf die verräterische islamische Invasion Spaniens; das Wunder der Reconquista, von unglaublichem Heldenmut geprägt, hat nicht nur unseren Nationalcharakter geschmiedet, sondern hat uns auch befähigt, unsere amerikanischen Heldentaten zu verwirklichen, wo wir die Neue Welt erobert haben, für Spanien, für die westliche Zivilisation und vor allem für Christus. Die Reconquista machte uns zum Schwert Gottes auf Erden, gegen Türken und Ketzer. Die Reconquista ist der Schlüssel zur spanischen Geschichte.“ (Claudio Sánchez-Albornoz).
„Ungläubige“ wurden zu Dhimmis
Allerdings wurden gegen diese nationalkatholische Auffassung seit dem 19. Jahrhundert immer wieder Einwände erhoben. Romantik und Liberalismus verklärten Al-Andalus zu einer Welt, die – anders als das Abendland – ein harmonisches Zusammenleben verschiedener Religionen ermöglicht habe. Man feierte nicht nur die kulturelle Blüte des „maurischen“ Spaniens, sondern auch die Höhe der Gelehrsamkeit und die Toleranz, die man von muslimischer Seite Christen und Juden als „Gläubige des Buches“ gewährte.
Diese Deutung hat sich in den letzten Jahrzehnten so flächendeckend durchgesetzt (selbst in deutschen Schulbüchern), daß die tatsächliche Lage der Nichtmuslime in Al-Andalus nach und nach ganz in Vergessenheit geraten ist. Die wurde erst durch die Historikerin Bat Ye’or (eigentlich Gisèle Littman) umfassend rekonstruiert, wobei sich ein ganz anderer Eindruck als der des friedlichen und produktiven Nebeneinanders ergab: Wer als Jude oder Christ in Al-Andalus nicht bereit war, zum Islam überzutreten, konnte grundsätzlich auf Duldung rechnen, sah sich allerdings auf den Status eines Dhimmi herabgedrückt.
Deportationen und Massaker werden unterschlagen
Die Übersetzung mit „Schutzbefohlener“ darf nicht über die faktische Rechtlosigkeit der Dhimmi hinwegtäuschen. Ihnen war wegen Uneinsichtigkeit eine Strafsteuer auferlegt, ihre Aussage galt nicht vor Gericht, sie durften keine Waffen besitzen, und wenn ein Muslim sie tötete, gingen dieser straffrei aus. Sie mußten in den Städten ein Ghetto beziehen, in der Öffentlichkeit hatten sie besondere Kleidung oder Schandzeichen zu tragen, die sie als Ungläubige markierten.
Auf der Straße sollten sie rasch und gesenkten Blicks gehen, Muslime waren auf der linken – also der unreinen – Seite zu passieren, die Reparatur alter oder der Bau neuer Kirchen oder Synagogen wurde verboten, alle Zeremonien hatten im Stillen stattzufinden, Mission wurde ebenso mit dem Tod bestraft wie der Besitz muslimischer Bücher, die sexuelle Beziehung zu einem Muslim oder einer Muslimin.
Macron huldigt dem europäischen Masochismus
Wobei hier noch keine Rede ist von der Kette an Zwangsbekehrungen, Deportationen und Massakern, der Tötung wichtiger Repräsentanten der jüdischen oder christlichen Gemeinschaften oder der Zerstörung ihres Kulturguts, etwa der bis in die Antike zurückreichenden Buchbestände in alten Bibliotheken. Was das heute vorherrschende Bild von Al-Andalus um so irritierender macht. Offenbar handelt es sich um eine Art „weiße Legende“, die die „schwarze Legende“ von der spanischen oder gleich der europäischen Schuld an Kolonialismus und Unterdrückung ergänzt. Bat Ye’or geht bei ihrer Deutung sogar noch einen Schritt weiter, wenn sie schreibt: „Europa hat den Mythos von Al-Andalus als Modell des Multikulturalismus erarbeitet.“
Das vorausgesetzt, sind die Unterwerfungsgesten Macrons in Marrakesch nicht nur Ausdruck jenes Masochismus, der zur ideologischen Grundausstattung unserer Politischen Klassen gehört, sondern auch ein Hinweis auf den Grad der Verblendung, mit dem sie Europas bunte Zukunft betrachten.
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Quellenlink : Historische Unkenntnis Macron und die Täuschung vom toleranten Al-Andalus