Grundrechtseinschränkungen: Grundrechtseinschränkungen Regierung mißbilligt Veröffentlichung von RKI-Protokollen zu Corona

BERLIN. Das der Bundesregierung unterstehende Robert-Koch-Institut (RKI) hat die ungeschwärzte Veröffentlichung aller Protokolle seines Corona-Krisenstabes kritisiert. „Soweit in diesen Datensätzen personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter rechtswidrig veröffentlicht und insbesondere Rechte Dritter verletzt werden, mißbilligt das RKI dies ausdrücklich“, teilte die Behörde mit.

Grundsätzlich habe das RKI angeblich ohnehin geplant, die Daten weitgehend unzensiert zu veröffentlichen. „Das RKI plant weiterhin, die verbleibenden Protokolle bis zum Ende der Krisenstabs-Sitzungen im Juli 2023 so schnell wie möglich zu veröffentlichen.“ Dafür liefen derzeit „die vorgeschriebenen Drittbeteiligungen“. Damit ist die Abfrage bei allen Personen gemeint, die namentlich in den Protokollen auftauchen. Ähnlich äußerte sich auch gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Überführt Kubicki das RKI der Lüge?

Allerdings stellte der FDP-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Kubicki genau das in Zweifel. Auch er taucht in den nun veröffentlichten Dokumenten namentlich auf. Als jemand, „dessen Name in den Protokollen auftaucht, kann ich sagen, daß ich keine Anfrage hinsichtlich einer ungeschwärzten Veröffentlichung bekommen habe“, schrieb der Politiker auf X. „Ich darf daher meinen Zweifel an dem Willen zur zügigen und umfassenden Veröffentlichung anmelden.“

Am Dienstagmorgen hatte die freie Journalistin Aya Velázquez alle unzensierten Protokolle des Corona-Krisenstabes der Jahre 2020, 2021, 2022 und 2023 frei ins Internet gestellt. Die Daten stammen laut Velázquez von einem Informanten, der früher für die Bundesbehörde gearbeitet habe.

Bisher war nur ein Teil der Protokolle mit zahlreichen Schwärzungen im März vom Online-Magazin „multipolar“ veröffentlicht worden, nachdem es beim Gesundheitsministerium auf Herausgabe der brisanten Dokumente geklagt hatte. Das Ministerium und das RKI hatten die Zensur mit dem Schutz der Mitarbeiter, die namentlich erwähnt werden, begründet.

RKI-Protokolle: Massive Zweifel an FFP2-Masken

Bereits damals kamen zahlreiche Widersprüche der Pandemiepolitik der Bundesregierung an die Öffentlichkeit. Mit Blick auf die Maskenpflicht schrieben die Verantwortlichen beim RKI, es gebe „keine Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken außerhalb des Arbeitsschutzes, dies könnte auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“. Der Nutzen der Masken „sollte auf Arbeitsschutz von Personen, die mit infektiösen Patienten arbeiten, begrenzt bleiben“. Ungeachtet dieser Einschätzung führten mehrere Bundesländer – darunter Baden-Württemberg und Berlin – eine allgemeine FFP2-Maskenpflicht für alle ein.

Auch zur FFP-2-Maskenpflicht an Schulen äußerten sich die RKI-Mitarbeiter kritisch. Im Protokoll vom 29. Dezember heißt es dazu: „Bisher gibt es keine überzeugenden Hinweise, daß FFP-2 besser ist, schon gar nicht bei Kindern.“ Die am 24. November 2021 bundesweit eingeführte 3G-Regel, wonach nur Geimpfte, Getestete und Genesene weiterhin am öffentlichen Leben teilnehmen durften, wurde intern als „fachlich nicht begründbar“ eingestuft.

Belog Spahn die Öffentlichkeit bewußt?

Aus den nun veröffentlichten Dokumenten geht unter anderem hervor, daß das RKI die Behauptung, es gebe eine „Pandemie der Ungeimpften“, intern deutlich zurückgewiesen hatte. In einem Eintrag vom 5. November 2021 heißt es: „In den Medien wird von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen. Aus fachlicher Sicht nicht korrekt, Gesamtbevölkerung trägt bei.“ Weiter heißt es, der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verbreite diese Falschbehauptung „vermutlich bewußt“ auf allen Pressekonferenzen. Deswegen könnten diese Behauptungen „eher nicht korrigiert werden“.

Ausschnitt aus den RKI-Protokollen
Ausschnitt aus den RKI-Protokollen der Sitzung vom 5. November 2021 Foto: Screenshot JF

Spahn hatte immer wieder von einer „Pandemie der Ungeimpften“ gesprochen. Auch zahlreiche große Medien und Politiker übernahmen die Behauptung und forderten zum Teil drastische Einschränkungen der Grundrechte für Nichtgeimpfte.

Wissenschaftler widersprechen Politikern

Zudem geht aus den neuen Datensätzen hervor, daß die Wissenschaftler des RKI der Bundesregierung bei der Einschätzung unterschiedlicher Risiken für Geimpfte und Genesene ausdrücklich widersprachen. Im Protokoll vom 3. Januar heißt es: „Breiter Abstimmungsprozeß mit verschiedenen Fachgremien führte zu anderem Ergebnis als Beschluß der politischen Gremien; sollte bei Veröffentlichung zukünftig klar kommuniziert werden, daß es nicht mehr um rein fachliche Empfehlung des RKI“, sondern um Beschlüsse der politischen Ebene handele.

Ausschnitt aus den RKI-Protokollen der Sitzung vom 3. Januar 2022 Foto: Screenshot JF
Ausschnitt aus den RKI-Protokollen der Sitzung vom 3. Januar 2022 Foto: Screenshot JF

Es sollten „irgendwelche Privilegien“ für Geimpfte geschaffen werden

Auch zur Frage, wie Entscheidungen über Ausnahmeregelungen von den staatlichen Maßnahmen für Geimpfte zustande kamen, gibt es nun neue Hinweise. So heißt es im Protokoll vom 7. Januar 2022 zu Einreisebestimmungen nach Deutschland: „BMG (Anmerkung der Redaktion: Bundesministerium der Gesundheit) möchten vermutlich Ausnahmen für Geboosterte für 3 Monate. Geimpfte müssen irgendwelche Privilegien erhalten, dies muss in Einreiseregelung enthalten sein.“

Ausschnitt aus den RKI-Protokollen der Sitzung vom 7. Januar 2022 Foto: Screenshot JF
Ausschnitt aus den RKI-Protokollen der Sitzung vom 7. Januar 2022 Foto: Screenshot JF

(ho)

Quellenlink : Grundrechtseinschränkungen: Grundrechtseinschränkungen Regierung mißbilligt Veröffentlichung von RKI-Protokollen zu Corona