„Grüner Stahl“ gescheitert? Thyssenkrupp muß abertausende Arbeitsplätze abbauen

BERLIN. Thyssenkrupp hat angekündigt, in den kommenden Jahren bis zu 11.000 Arbeitsplätze in der Stahlindustrie in Deutschland abzubauen. Bis 2030 sollen 5.000 Jobs wegfallen, weitere 6.000 Stellen sollen durch Ausgliederungen oder Geschäftsverkäufe aus dem Unternehmen verschwinden, berichtet das Industriemagazin. Die Produktionskapazitäten sollen von knapp elf Millionen Tonnen auf etwa neun Millionen Tonnen gesenkt werden. Das entspriche etwa den Versandmengen des vergangenen Geschäftsjahres.

Die Stahlsparte leidet unter einer weltweiten Nachfrageschwäche. Zudem belasten hohe Kosten, der Druck, klimafreundliche Produktionsmethoden einzuführen und billige Importe aus Asien die Firma. Dennis Grimm, Chef der Stahlsparte, sagte: „Um uns zukunftsfest aufzustellen, ist eine umfassende Optimierung und Verschlankung unseres Produktionsnetzwerkes und unserer Prozesse notwendig.“

Vorherige Woche hatte Konzernchef Miguel López noch verkündet, daß das Unternehmen am „Grünen Stahl“ festhalten wolle. „An der grünen Transformation führt kein Weg vorbei“, sagte Lopez laut Tagesschau. In „kaum einer anderen Industrie“ sei „der Hebel zur Senkung der Emissionen so groß“. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei allerdings klar gewesen, daß besonders die Thyssenkrupp-Tochterfirma „Steel“ ein finanzielles Minus generiere. Der Konzern arbeite daher auf einen Verkauf innerhalb der nächsten zwei Monate hin, hatte López betont. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky wolle zudem seinen Anteil von 20 auf 50 Prozent erhöhen.

In einem Diagram zeigen zwei orangene Pfeile den Stellenabbau bei Thyssenkrupp Steel
Ein Diagram zeigt den Stellenabbau bei Thyssenkrupp Steel / Foto: picture alliance/dpa/dpa Grafik | dpa-infografik GmbH

Neue Hochöfen-Technologie soll Wandel bringen

Der deutsche Staat förderte die „grüne“ Umstellung der Stahlproduktion mit rund sieben Milliarden Euro. Bis 2024 sollte die Industrie so weit sein, emissionsfreien Stahl zu produzieren. Ein bedeutender Teil des Geldes war für Thyssenkrupp vorgesehen. Im Jahr 2027 sollte in Duisburg eine Direktreduktionsanlage in Betrieb gehen. Seit längerem gibt es jedoch Bedenken, daß die Anlage nur geringe Effizienz aufweist.

Zudem ist die Anlage auf Wasserstoff angewiesen, der zu etwa 70 Prozent aus dem Ausland importiert werden muß. Erst im Oktober hatte Norwegen eine geplante Wasserstofflieferung nach Deutschland abgesagt.

In einem „Business-Plan“ wurde überlegt, den Bau der Direktreduktionsanlage vollständig zu stoppen und sich von Wasserstoff unabhängig zu machen. Statt dessen werden Technologien erprobt, die es ermöglichen, Hochöfen mit hochwertigem Schrott zu betreiben. Auch diese Energieverwertung würde die Umweltbelastung verringern, liefe aber nicht über den üblichen grünen Weg von Wind-, Solar- und Wasserenergie.

Das gesamte Unternehmen schwächelt

Das gesamte Unternehmen erwartet bis zum Jahresende einen Umsatzrückgang von sieben Prozent. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Nettoverlust von 1,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen plant daher insgesamt den Abbau von Arbeitsplätzen und die Schließung mehrerer Standorten.

Neben der Stahlindustrie schwächeln dabei vor allem die Automobilindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau und die Bauwirtschaft. Im Jahr 2024 sind deutlich weniger Aufträge bei Thyssenkrupp eingegangen. (lb)

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