Geopolitik Der Drache gegen Uncle Sam – Showdown in Lateinamerika

Was hat China in Lateinamerika vor? Nichts Gutes, wenn man Washington fragt. Die lateinamerikanischen Länder hingegen zeigen sich zunehmend geneigt, der chinesischen Charmeoffensive nachzugeben. Pekings Präsenz in Süd- und Zentralamerika wächst rasant – und mit ihr die Sorgen der USA.

Das Reich der Mitte investiert massiv in Infrastrukturprojekte und Technologien, darunter Tiefwasserhäfen an strategischen Punkten wie dem Panamakanal und der Magellanstraße. Die Belt and Road Initiative (BRI), offiziell als Entwicklungsprogramm deklariert, wird von den USA zunehmend als geopolitisches Werkzeug wahrgenommen.

General Laura Richardson, Kommandeurin des U.S. Southern Command, warnte, daß viele dieser Projekte „in der roten Zone“ lägen – also nur einen Schritt davon entfernt, militärische Präsenz direkt vor der Haustür der USA zu ermöglichen. Denn schon in der Vergangenheit hatten Chinas zivile Einrichtungen in Häfen einen „Dual Use“ und waren zeitgleich von Agenten und Militärs besetzt, die Zivilisten spielten. Peking expandiert und scheint eine weichere, aber spürbare zivil-militärische Präsenz auf dem ganzen Globus anzustreben – ähnlich dem großen Platzhirsch USA.

Infrastruktur in Lateinamerika besorgt die USA

Schon 2019 modernisierte China eine Spionageeinrichtung in Kuba. Nun befürchtet man im Pentagon, daß dies nur der Anfang einer größeren Kampagne sein könnte. Der Aufbau moderner 5G-Infrastruktur in fünf lateinamerikanischen Ländern sowie günstige Angebote für weitere Staaten schaffen eine technologische Abhängigkeit von Peking, die Washington bislang nichts entgegenzusetzen hat. „Wir werden aktuell von den Chinesen überholt“, räumte Richardson offen ein.

Auch militärisch dehnt China seine Reichweite in Lateinamerika aus. Zwischen 2006 und 2022 verkaufte Peking Waffen im Wert von 629 Millionen US-Dollar an Venezuela, schloß Trainingsabkommen ab und lieferte militärische Technologie an mehrere Länder. Noch beunruhigender aus US-Sicht sind Chinas Raumfahrtstationen in Argentinien, Bolivien, Chile und Venezuela. Offiziell für zivile Zwecke errichtet, könnten diese Einrichtungen potentiell zur Überwachung und Spionage genutzt werden – eine Bedrohung in unmittelbarer Nähe der Vereinigten Staaten.

Pekings Verteidigung? Die Belt and Road Initiative sei ein rein wirtschaftliches Projekt, das weltweit Arbeitsplätze schaffe und Entwicklung fördere, so ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington. Drei Viertel aller Länder hätten bereits von der Initiative profitiert. Doch hinter der Fassade der wirtschaftlichen Kooperation lauern geopolitische Konsequenzen: Kritiker warnen vor „Schuldenfallen“ durch chinesische Kredite, niedrigen Umwelt- und Arbeitsstandards sowie wachsender wirtschaftlicher Abhängigkeit. Staaten wie Venezuela, das mit 60 Milliarden US-Dollar der größte Kreditnehmer Chinas in der Region ist, geraten zunehmend in wirtschaftliche Abhängigkeit und sind damit auch politisch gegenüber Peking höriger.

Washington ist abgemeldet

China hat seine Präsenz in Lateinamerika seit der Jahrtausendwende erheblich ausgeweitet und ist mittlerweile ein zentraler Akteur in der Region. Das Land hat die USA als wichtigsten Handelspartner Südamerikas abgelöst und investiert massiv in die Energie-, Infrastruktur- und Raumfahrtindustrie. Handelsvolumina zwischen China und Lateinamerika stiegen von weniger als zwei Prozent der lateinamerikanischen Exporte im Jahr 2000 auf 450 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022, mit Prognosen von über 700 Milliarden US-Dollar bis 2035. Chinesische Direktinvestitionen in die Region beliefen sich 2022 auf rund 12 Milliarden US-Dollar, während staatseigene Banken zwischen 2005 und 2020 etwa 137 Milliarden US-Dollar an Krediten vergeben haben, vor allem für Energie- und Infrastrukturprojekte.

China verfolgt in dieser Region eine ambitionierte Machtstrategie, die sich nicht nur auf Wirtschaft, sondern auch auf politische und kulturelle Einflußnahme erstreckt. Seit 2001 hat Peking mit Ländern wie Argentinien, Brasilien und Chile strategische Partnerschaften etabliert und nutzt diese, um sich als Gegenpol zu den USA zu positionieren. Besonders brisant: China übt gezielt Druck auf Staaten aus, die Taiwan diplomatisch anerkennen, und konnte bereits Länder wie Honduras und Nicaragua dazu bewegen, ihre Unterstützung für die Inselnation aufzugeben.

Für die USA geht es dabei um mehr als nur Handel. Washington sieht sich durch Chinas Aktivitäten in seiner Einflußsphäre bedroht. Es droht eine schleichende Verlagerung von Macht und Einfluß, während Peking mit strategischen Investitionen und diplomatischen Manövern seine Position in der Region festigt. Lateinamerika – einst Hinterhof der USA – wird zum neuen Schauplatz eines geopolitischen Tauziehens. Und die USA erscheinen derzeit noch relativ ratlos, wie mit der scheinbar friedlichen Ausdehnung Chinas umzugehen ist.

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