EM-Überblick: EM-Überblick Ein kroatisches Model, Le Pens Schatten und ein dänisches Märchen

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – und ein grandioser 5:1-Auftakterfolg der deutschen Mannschaft gegen Schottland noch kein neues Sommermärchen. Auch wenn das deutsche Eröffnungsspiel nur von der penetranten „Vielfalts“-Propaganda des ZDF gestört wurde, ist es für Euphorie noch etwas zu früh.

Der nächste DFB-Gruppengegner Ungarn hat derweil ganz andere Probleme. Im Duell mit der Schweiz avancierte zwar Stürmer Martin Ádám zum Internetstar, weil er mit ein paar Kilos zu viel auf den Rippen und rotem Rauschebart so gar nicht dem typischen Fußballer-Bild entspricht. Sportlich lief es für die Ungarn beim 1:3 gegen die Schweiz jedoch alles andere nach Plan.

Bei den Eidgenossen war der Sieg vor allem für den oft kritisierten Trainer Murat Yakin eine Genugtuung. Von den Schweizer Medien wurde der ehemalige Bundesliga-Profi für seine taktischen Kniffe gegen die Ungarn gefeiert. Und auch Yakin selbst gefiel sich auf der Pressekonferenz nach dem Spiel in der Rolle des Taktikgenies. Er spiele lieber Schach als Poker, „denn beim Pokern weißt du nie, was der Gegner für ein Blatt in der Hand hat“, übte er sich nicht gerade in Bescheidenheit.

Spielen kroatische Models Schach?

Ob das kroatische Model Ivana Knöll gerne zum Schachbrett greift, ist nicht überliefert. Viel wichtiger ist ja ohnehin, daß sie wie schon bei den zurückliegenden Turnieren in knappen Outfits auf der Tribüne sitzt.

Mit Magenta TV fand sich auch dieses Mal wieder ein Fernsehsender, der den Zuschauern die ehemalige Schönheitskönigin zumutete, diesmal sogar als Interviewpartnerin. „Wir würden jetzt einfach mal versuchen, mit ein bißchen Expertise um die Ecke zu kommen“, konnte sich Moderatorin Laura Wontorra wenig später einen bissigen Kommentar nicht verkneifen.

Aber Knöll schlug auf Instagram zurück. „Liebe Laura, wenn ich so aussehen würde, würde ich für immer nur Winterkleidung tragen“, schrieb sie und postete ein Foto von Wontorra in gefütterter Lederjacke. Ach ja … Bei so viel Qualität neben dem Platz geriet das 0:3 der Kroaten gegen Spanien fast in Vergessenheit.

Italiener schießen modisches Eigentor

In Sachen Mode sorgte auch das zweite Spiel der Gruppe B zwischen Titelverteidiger Italien und Außenseiter Albanien für Aufregung. Die Italiener lassen sich seit 2019 von Emporio Armani einkleiden und hätten sich wohl nicht träumen lassen, daß den Designern der Luxusmarke ein solches Eigentor unterläuft.

„Aber was für eine Jacke haben sie Spalletti da angezogen? Das sieht mehr aus wie ein Morgenrock“, spottete ein Internetnutzer über das Sakko des italienischen Nationaltrainers und sprach damit aus, was die meisten Fans über das modische Malheur dachten.

Ein Glück, daß die sonst so stilsicheren Italiener wenigstens auf dem Feld überzeugen konnten. Trotz eines Gegentreffers nach 23 Sekunden setzte sich die Squadra Azzurra verdient mit 2:1 gegen die Albaner durch.

Dem italienischen Nationaltrainer Luciano Spalletti unterlief mit seinem Sakko ein modisches Eigentor Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Emmanuele Mastrodonato/IPA Sport

Ein dänisches Märchen und Ausschreitungen in Gelsenkirchen

Den bislang schönsten Moment des Turniers hielt die Gruppe C parat. Beim 1:1 zwischen Dänemark und Slowenien erzielte Christian Eriksen das Tor für die Skandinavier – derselbe Christian Eriksen, der bei der Europameisterschaft 2021 mit einem Herzstillstand auf dem Rasen zusammengebrochen war. „Das sind die Geschichten, die der Fußball schreibt und für die wir ihn alle lieben“, jubelte Kommentatorin Claudia Neumann am ZDF-Mikro. Besser kann man es nicht ausdrücken.

Eine alles andere als schöne Geschichte schrieben einige sogenannte Fans am Rande der Partie zwischen England und Serbien (1:0) in Gelsenkirchen. Offenbar serbische und englische Hooligans lieferten sich dort eine Massenschlägerei, bei der sogar der Sohn des serbischen Präsidenten mitgemischt haben soll. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT gab die Polizei Gelsenkirchen an, daß ihr „keine gesicherten Erkenntnisse zur Anwesenheit der angefragten Person“ vorlägen.

Möglicherweise hingen die Aggressionen aber nur mit dem Austragungsort des Spiels zusammen. Als „absolute shithole“ verdammte ein englischer Blogger die Ruhrpott-Metropole Gelsenkirchen – die Boulevardmedien auf der Insel griffen den Ausbruch gerne auf. Das zweite Gruppenspiel bestreiten die Three Lions übrigens in Frankfurt – mit Blick auf das dortige Bahnhofsviertel hatte die Sun schon vor dem Turnier von einer „Zombie-Stadt“ gesprochen …

Mbappé warnt vor Le Pen

Das ganz große Besteck packte Frankreichs Superstar Kylian Mbappé aus. „Wir stehen an einem Scheideweg in unserer Geschichte“, hob er in der Pressekonferenz vor dem Duell mit Österreich an. Gemeint war natürlich nicht das Spiel, sondern die anstehende Parlamentswahl, bei der Marine Le Pen und der Rassemblement National die Macht in Frankreich übernehmen könnten. Mbappé forderte die Wähler dazu auf, gegen Le Pen zu stimmen.

Es war nicht das erste Mal, daß sich der Sohn eines Kameruners und einer Algerierin politisch äußerte. Als im vergangenen Jahr ein Jugendlicher marokkanisch-algerischer Abstammung bei einer Polizeikontrolle erschossen wurde – der 17jährige soll sich den Beamten widersetzt haben – und Migranten in den Banlieues daraufhin tagelang randalierten, verurteilte Mbappé den angeblich rassistischen Vorfall auf X als „inakzeptabel“. Als Kapitän der Nationalmannschaft initiierte er einen offenen Brief, in dem die Nationalspieler den randalierenden Migranten ihr Verständnis aussprachen, aber gleichzeitig zu einem Ende der Gewalt aufforderten.

Daß Mbappés Wort politisches Gewicht hat, weiß nicht nur der amtierende Präsident Emmanuel Macron, der den populären Fußballer schon zum Abendessen einlud. Am Tag vor Mbappés Le Pen-Aussagen telefonierte der Präsident des französischen Fußballverbands, Philippe Diallo, mit dem Angreifer, berichtete die französische Zeitung L’Équipe.

Französischer Verband betont Neutralität

Auf Linie wurde der Profi von Paris Saint-Germain (bald Real Madrid) aber wohl nicht gebracht, eher im Gegenteil. Diallo, selbst senegalesischer Abstammung, betonte bereits mehrmals die Neutralität seines Verbandes und sicherte allen Spielern zu, ihre Meinung zu den anstehenden Wahlen frei äußern zu können. Ob diese Zusicherung auch dann Bestand hätte, wenn sich ein Kicker für die Wahl des Rassemblement ausspricht, müßte sich allerdings noch herausstellen. Alle französischen Spieler, die sich bislang politisch positioniert haben, waren sich in ihrer Ablehnung gegenüber Le Pen einig.

Fraglich ist, ob sich die Équipe Tricolore, von vielen als aussichtsreichster Anwärter auf den EM-Titel eingestuft, überhaupt auf ihre sportlichen Aufgaben konzentrieren kann. Zum Start waren die Vize-Weltmeister auf ein Eigentor der Österreicher angewiesen, das ihnen einen hart erkämpften 1:0-Erfolg einbrachte. Superstar Mbappé brach sich während der Partie die Nase. Wie lange er fehlen wird, steht noch nicht fest.

Frankreichs Superstar Kilian Mbappé, Staatspräsident Emmanuel Macron und der Präsident des französischen Fußballverbands, Philippe Diallo (v.l.) Foto: picture alliance / DPPI media | JEAN CATUFFE

 

Niederländische Fans erobern Hamburg

Die Österreicher mit ihrem deutschen Coach Ralf Rangnick stehen nach der Niederlage unter Zugzwang. Der erfahrene Fußballlehrer hat sein mit zahlreichen Bundesligaprofis gespicktes Team zu einem Geheimfavoriten geformt, der sich nun aber im kommenden Spiel gegen Polen keine Blöße geben darf.

Für die Polen gilt nach einer 1:2-Pleite zum Auftakt das Gleiche. Gegner von Robert Lewandowski (der verletzt ausfiel) und Co. waren im Hamburger Volksparkstadion die Niederländer, deren Anhänger die Elbstadt in ein beeindruckendes Farbenmeer aus Orange verwandelt hatten und über einen späten Treffer des Hoffenheimers Wout Weghorst jubeln durften.

„Für die Menschen, die unser Land verteidigen“

Bestenfalls eine Nebensache ist das EM-Turnier für die Ukraine. Wir „spielen besonders für die Menschen, die weiterhin jeden Tag unser Land vor dem Feind verteidigen müssen“, sagte Nationaltrainer Serhij Rebrow vor der der ersten Begegnung gegen Rumänien, das seine Mannschaft mit 0:3 verlor.

Während Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einer Konferenz in der Schweiz um Unterstützung für sein Land wirbt, versuchen die Fußballer, ihren Landsleuten etwas Ablenkung vom Krieg zu ermöglichen – und zu zeigen, daß „die Ukraine ein Teil Europas sein will“, wie Rebrow betonte. Auf das russische Team können die Ukrainer bei der EM nicht treffen, nachdem der europäische Fußballverband alle russischen Vereins- und Nationalmannschaften im Februar 2022 bis auf Weiteres suspendiert hatte.

Belgiens deutscher Trainer singt die Nationalhymne

Belgien und die Slowakei, die anderen beiden Nationen in der Gruppe E, hatten in ihrem ersten EM-Spiel das Glück, nur über sportliche Dinge nachdenken zu müssen. Den Belgiern – Trainer ist der Deutsch-Italiener Domenico Tedesco – fehlte es dabei allem Anschein nach an Geistesblitzen, denn der ewige Geheimfavorit unterlag dem Underdog trotz eines deutlichen Chancenplus mit 0:1.

„Es tut auf jeden Fall weh“, sagte Tedesco, der sich in Belgien großer Beliebtheit erfreut, nach dem Abpfiff. Daß er vor Beginn des Spiels „aus Respekt“ die belgische Nationalhymne mitgesungen hatte, dürfte sein Standing bei den Fans der Roten Teufel noch einmal verbessert haben. Zumindest bis zur entscheidenden nächsten Partie gegen Rumänien …

Ronaldos Sohn trägt Deutschland-Trikot

In der Gruppe F reüssierten die Türkei und Portugal. Die Türken konnten sich im Dortmunder Signal-Iduna-Park nicht nur auf die Übermacht ihrer Fans, sondern auch auf die eigene sportliche Überlegenheit verlassen und bezwangen Georgien mit 3:1. Vor dem Anpfiff lieferten sich Anhänger beider Lager auf den Rängen eine Schlägerei und mußten von der Polizei getrennt werden.

Bei den Portugiesen avancierte Einwechselspieler Francisco Conceição mit seinem Siegtor in der Nachspielzeit zum Helden des Tages. Am Ende stand ein 2:1-Erfolg gegen Tschechien. Altmeister Cristiano Ronaldo, mittlerweile stolze 39 Jahre alt und in Saudi-Arabien aktiv, stand über die volle Spieldauer auf dem Platz, ein Treffer blieb dem fünfmaligen Weltfußballer indes verwehrt.

Dafür sorgte Ronaldos Sohn für Aufsehen. Der Junior feierte seinen 14. Geburtstag nicht etwa im Portugal-, sondern im Deutschland-Trikot. Dem pinken zwar, aber Hauptsache Deutschland. Oder?

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