Nachdem der AfD-Parteivorsitzende Tino Chrupalla in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ den Vorwurf erhoben hatte, daß der Sender der Staatsanwaltschaft Ingolstadt Beweismittel vorenthalten habe, tauchten nun die Ermittlungsakten auf. Doch was geschah überhaupt damals in Ingolstadt?
Bei einer Veranstaltung zur bayerischen Landtagswahl Anfang Oktober brach Chrupalla zusammen. Er mußte in ein Krankenhaus gebracht und intensivmedizinisch behandelt werden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden im Dezember ergebnislos beendet. Ein Angriff könne nicht ausgeschlossen werden, allerdings auch keine Tatverdächtigen ermittelt werden, hieß es damals.
„Fehlende Videosequenzen des ZDF“
Mit vor Ort war das ZDF. Später übergab der Sender seine Aufnahmen der Veranstaltung an die Ermittler. „Es wurden aber Schnitte vorgenommen und es fehlen Fragmente“, hieß es nun von Chrupalla. „Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft nachgefragt beim ZDF und man hat darauf nicht mehr geantwortet.“ Das ZDF wies diese Vorwürfe zurück, man habe „das gesamte Material ungeschnitten“ übergeben. Die Ermittlungsakten, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegen, zeigen ein anderes Bild. Zuerst hatte der Nordkurier berichtet.
Denn die vom ZDF übermittelten Daten waren unvollständig. Aus einem „Aktenvermerk“ der Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt mit dem Titel „Fehlende Videosequenzen des ZDF und Sichtung der neuerlichen Sequenz“ geht hervor: „Bereits am 05.10.2023 wurde das Video ‘231005-schaefer-begruessung-Chrupalla-afd-ingolstadt-plz‘ als Zusammenschnitt der aus Sicht des ZDF relevanten Szenen – mit Herr MdB Chrupalla – an die KPI (Kriminalpolizeiinspektion) Ingolstadt übermittelt. Nach Bitten der Sachbearbeitung wurden die gesamten Aufnahmen des ZDF, mit Dateinamen ‘231006-afd-ausspielung-fuer-polizei-zdf‘, am 06.10.2023 nachträglich zur Verfügung gestellt.“
Weitere vier Sekunden fehlen
Doch auch die nachgereichten Videoaufnahmen entpuppten sich binnen weniger Tage als unvollständig. Im Aktenvermerk heißt es weiter: „Im Laufe der mehrmaligen Sichtungen wurde am 11.10.2023 durch den Unterzeichner festgestellt, daß bei der übermittelten gesamten Aufnahme eine Sequenz fehlt.“ Demnach sei „im ersten Zusammenschnitt des ZDF ein Aufeinandertreffen des MdB Chrupalla mit dem Zeugen kurz zu erkennen (Dauer ca. 4 Sekunden). Da diese Szene in den Gesamtaufzeichnungen fehlt, wurde nochmals an das ZDF herangetreten und schriftlich um Prüfung der vorhandenen Aufzeichnungen gebeten“.
Letztlich „konnte über mehrere Ansprechpartner hinweg mitgeteilt werden, daß diese Szene tatsächlich für die Berichterstattung angeklammert war“. Danach reichte das ZDF zum zweiten Mal Beweismaterial nach – „mit Ausnahme einiger Sequenzen“.
Unstimmigkeiten im ZDF-Beweismaterial
Erneut fragte ein Ermittler beim ZDF nach: „Jetzt habe ich nur noch einmal eine Nachfrage zu den beiden Videos, da mir bei mehrmaligen Sichten aufgefallen ist, daß die zweite übermittelte Datei auch nicht vollständig sein kann.“ Und weiter: „Hintergrund ist, daß im Zusammenschnitt bei Minute 16:21:29 ein Aufeinandertreffen mit einem Bürger zu sehen ist. Im ‘Gesamtvideo‘ fehlt diese Szene jedoch und es erfolgt ein Umschnitt von 16:20:48 auf eine andere Szene um 16:21:32.“
Grundsätzlich lägen der Behörde zwar „alle nötigen Sequenzen vor“. Jedoch wolle man möglichst genau arbeiten. „Ich möchte dies trotzdem kurz mit ihnen abklären, woran das liegen kann. Ich denke, Sie wissen selbst um das aktuelle öffentliche Interesse und die politische Bedeutung. Daher möchte ich weder, daß Ihnen – sprich dem ZDF – noch uns etwas nachgesagt werden kann.“
Der E-Mail-Verkehr endete: „Entschuldigen sie den Mehraufwand, aber prüfen sie dies bitte nochmals.“ Nach Angaben von Chrupalla erhielt die Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt keine Antwort mehr vom ZDF.
ZDF wies Chrupallas Vorwürfe zurück
Auf die Vorwürfe von Tino Chrupalla vom Dienstagabend reagierte das ZDF prompt und wies diese zurück. Bereits in der Nacht zum Mittwoch hieß es laut dem Nordkurier vom Sender: „Dazu stellt die Chefredaktion des ZDF fest: Entgegen der Behauptung von Herrn Chrupalla hat das ZDF das gesamte Material ungeschnitten der Staatsanwaltschaft übergeben.“
Im Verlauf des Tages wurde die Stellungnahme entschärft: „Die Behauptung Chrupallas, ZDF-Aufzeichnungen seien gekürzt worden, dementierte die Chefredaktion des Senders: Das ZDF hat das gesamte Material ungeschnitten der Polizei übergeben.“ Mittlerweile verschwand auch diese Rechtfertigung aus dem Presseportal des ZDF.
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Quellenlink : Angriff auf den AfD-Chef: Angriff auf den AfD-Chef Unterschlug das ZDF Beweismittel im Fall Chrupalla?