Ab heute gilt est: Ab heute gilt est Selbstbestimmungsgesetz erhitzt die Gemüter

BERLIN. Einen Tag vor dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) hat die Union erneut Kritik an dem Vorhaben geäußert. „Die Bundesregierung hat ein weiteres Ideologieprojekt rücksichtslos durchgepeitscht. Insbesondere mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz ist das unverantwortlich“, sagte die Unionsfraktionsvize im Bundestag, Dorothee Bär (CSU), am Donnerstag im Gespräch mit der Rheinischen Post.

Die Unionsfraktionsvize im Bundestag Dorothee Bär (CSU) stemmt sich gegen das SBGG. Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
Die Unionsfraktionsvize im Bundestag Dorothee Bär (CSU) stemmt sich gegen das SBGG. Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Die Ampelkoalition habe es versäumt, einen verläßlichen Rechtsrahmen für die wenigen Tausend Menschen zu schaffen, die mit ihrer sexuellen Identität haderten. „Statt dessen sind sie mit diesem hanebüchenen Gesetz vollkommen über das Ziel hinausgeschossen“, echauffierte sich die Christsoziale.

Selbstbestimmungsgesetz löst jahrzehntealte Reglung ab

Das im April 2024 vom Bundestag beschlossene SBGG löst das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 ab und soll es Menschen, die sich nicht in ihrer Geschlechtsidentität wiederfinden, erleichtern, diese zu ändern. Während unter dem TSG noch psychologische Gutachten zur Bestätigung einer „transsexuellen Prägung“ und eine OP für die Änderung des Geschlechtseintrags im Paß notwendig waren, sieht das SBGG eine einfache Revision der Daten beim Standesamt vor – ohne vorherige gerichtliche Erlaubnis.

Der Fall der transgeschlechtlichen Boxerin Imane Khelif bei Olympia hatte zuletzt für Diskussionen gesorgt. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | John Locher
Der Fall der transgeschlechtlichen Boxerin Imane Khelif bei Olympia hatte zuletzt für Diskussionen gesorgt. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | John Locher

Auch 14jährige sollen sich bereits in diesem Sinne entscheiden können, wenn das Elternhaus zustimmen. Wenn nicht, so können Betroffene das Familiengericht anrufen. Die Entscheidung über das eigene Geschlecht soll jährlich einmal neu getroffen werden können – wieder ohne rechtliche Hürden. Außerdem sollen sogenannte Transpersonen vor dem „Outing“, also der Preisgabe ihrer ursprünglichen Geschlechtsidentität geschützt werden.

Kritiker der Neuregelung sehen unter anderem das Kindeswohl gefährdet, weil vor allem junge Menschen nicht mehr ausreichend vor Fehlentscheidungen geschützt werden. Auch sehen sie die Gesellschaft noch nicht genügend vorbereitet, um „genderfluiden“ Menschen Rechnung zu tragen – etwa im Sport, wo Transpersonen andere Leistungen erbringen können als ihre Geschlechtsgenossen. So hatte das Gold für die transgeschlechtliche Boxerin Imane Khelif bei den Olympischen Spielen in Paris zuletzt für Diskussionen darüber gesorgt, ob Transpersonen an Sportwettbewerben zugelassen werden sollten.

Tausende Anträge auf Geschlechtsänderung nach einem Monat

Befürworter der Initiative wie die Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (Grüne) wiederum sprechen von einem „Meilenstein in der politischen Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt“. Sie selbst hätte sich damals ein solches Gesetz gewünscht, als sie ihr Geschlechtseintrag ändern ließ. „Mit dem heutigen Gesetz machen wir einen ersten großen Schritt in eine selbstbestimmtere Gesellschaft“, zeigte wie sich seinerzeit im Bundestag überzeugt. Slawik gehört zu den ersten transgeschlechtlichen Bundestagsabgeordneten im Bundestag und lebt seit über zehn Jahren als Frau.

Die transgeschlechtliche Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (Grüne) befürwortet das SBGG. Foto: picture alliance / dts-Agentur | -
Die transgeschlechtliche Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (Grüne) befürwortet das SBGG. Foto: picture alliance / dts-Agentur | –

Zuvor war das TSG mehrfach vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig gerügt worden. So sei der Zwang, die eigene Geschlechtsidentität in Form psychologischer Gutachten vor Außenstehenden zu rechtfertigen, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zudem stelle der Zwang zu geschlechtsangleichenden Operationen vor einer Änderung des Eintrags einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar.

Der Rheinischen Post zufolge haben sich seit Anfang August bereits mehr als 15.000 Menschen für eine Änderung ihres Geschlechtseintrags angemeldet. Die Bundesregierung war ursprünglich von 4.000 Fällen im Jahr ausgegangen. So seien in Köln bereits über 300 Anmeldungen eingegangen. (fw)

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